Ein Iraker aus Salzburg bot seinen BMW via Facebook zum Verkauf an. Zwei Ungarn zeigten Interesse für das Auto. Den Preis dafür wollten sie nicht bezahlen. Sie ermordeten den Mann und vergruben seine Leiche an einem bislang unbekannten Ort.
Ich habe schon alles eingekauft“, sagte der Iraker Mohanad Al S., 31, am 2. Jänner 2023, um 13.46 Uhr, am Telefon zu seiner Lebensgefährtin Malak A., 22, ebenfalls Irakerin. Die gemeinsame Wohnung in Bad Reichenhall (Deutschland) hatte S. um 8.15 Uhr verlassen. Hauptgemeldet war Mohanad Al S. in Salzburg. Er hatte dort um 9 Uhr einen Termin beim AMS (Arbeitsmarktservice). Anschließend wollte er Lebensmittel einkaufen sowie in einem Baumarkt zwei Blumentröge besorgen.
BMW X 6. Sein wesentlichstes Vorhaben an diesem Vormittag war, sein Auto zu verkaufen, einen schwarzen BMW X 6, Baujahr 2011. Seine Freundin Malak A. hatte Mohanad Ss. Daten bereits in den Kaufvertragsvordruck eingetragen. Mohanad Al S. wollte sich mit zwei Männern treffen, die ihm sein Auto um 17.000 Euro abkaufen wollten.
An diesem Vormittag suchte einer von ihnen, der ungarische Staatsbürger Mark N., 25, insgesamt 39 Orte auf Google-Maps. Es waren allesamt einsame Waldstücke und abgelegene Gegenden. Insgesamt hatte er in den Tagen davor 86-mal solche Gebiete am Handy gesucht und teils auch „besichtigt“. Was N. suchte, war eine Stelle, wo er den Leichnam von S. vergraben könnte.
Um 11.05 Uhr rief Mohanad Al S. zum ersten Mal an diesem Vormittag bei Mark N. an. Vermutlich erreichte er ihn nicht. Der Iraker fuhr daher noch zum Baumarkt und erwarb um 12.22 Uhr die beiden Blumentröge. Zwischen 12.38 und 14.42 Uhr tauschten Mohanad S. und Mark N. mehrere Whats-App-Nachrichten aus. Sie besprachen die Übergabemodalitäten des Wagens und des vereinbarten Kaufpreises. Verhandelt wurde nicht. Mark N. akzeptierte von Anfang an die geforderte Summe von 17.000 Euro. In der letzten Whats-App um 14.42 Uhr teilte der Iraker dem Ungarn mit, dass er „da“ sei. Es war seine letzte Whats-App. N. quittierte mit „OK“.
Um 15.06 Uhr rief Mohanad Al S. Mark N. an. Aus der Kürze des Telefonats zu schließen ist, dass sie sich am vereinbarten Treffpunkt gesehen hatten. Beide hatten ihre Handys im Sendebereich der Wohnung von Mark N. eingeloggt. Der Treffpunkt befand sich vermutlich auf der Straße vor einem Lokal.
Mobiltelefon ausgeschaltet. Um 15.48 Uhr loggte sich das Handy Mohanad Al Ss. zum letzten Mal an einem Standort ein – und zwar im Sendebereich der Tiefgarage eines Einkaufscenters in der Nähe von Ns. Wohnung. Dort wurde das Mobiltelefon um 15.59 Uhr ausgeschaltet und es gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Auch Mohanad Al S. gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Seine Lebensgefährtin war beunruhigt. Sie versuchte verzweifelt, ihn zu erreichen. Das Handy war wie tot.
Am Morgen des 3. Jänner 2023 erstattete Malak A. Abgängigkeitsanzeige in der Polizeiinspektion Salzburg Gnigl. Sie erzählte von dem geplanten Autokauf. Die Polizisten nahmen mit den angeblichen Pkw-Käufern Kontakt auf. Das war neben Mark N. der 19-jährige Erik O. Später stellte sich heraus, es handelte sich um den Halbbruder Ns. Mark N. gab an, er habe den BMW von Mohanad Al S. übernommen und ihm 17.000 Euro dafür überreicht. Danach hätten sie sich getrennt. Die Polizisten ließen es dabei bewendet.
Zehn Tage nach dem Verschwinden von Mohanad Al S. suchte ein Cousin des Abgängigen das Salzburger Kriminalreferat auf. Vier Tage darauf landete der Fall im Landeskriminalamt Salzburg, Ermittlungsbereich Leib/Leben (EB-Leiter Peter Meixner) bei Michael Jeglitsch. „Die Kenntnislage war anfangs dürftig“, berichtet der Kriminalist. „Es hat keine Standortbestimmung vom Handy des Abgängigen gegeben. Die Lebensgefährtin hat bis dahin noch niemand befragt und die Angaben des angeblichen Autokäufers waren widersprüchlich.“
Der Ungar war von einem Beamten des Kriminalreferats im Stadtpolizeikommando Salzburg am 10. Jänner 2023 neuerlich befragt worden. Dieser wollte wissen, wie der Kauf abgelaufen sei. Mark N. behauptete, alles sei wie geplant verlaufen: Er habe Mohanad Al S. 17.000 Euro überreicht und im Gegenzug den Wagen erhalten. Danach sei Mohanad Al S. mit dem Geld in einer schwarzen Tasche weggegangen. Dabei hatte er im Unterschied zur ersten Aussage angegeben, die Pkw-Übergabe hätte nicht an seinem Wohnort stattgefunden, sondern in der Nähe des Hauptbahnhofs. Mohanad Al S. blieb verschwunden.
Totalschaden. Begonnen hatte der Fall am 27. Dezember 2022, als Mohanad Al S. seinen BMW X 6 auf Facebook zum Kauf anbot. Zwei Tage zuvor hatte Mark N. in Ungarn seinen BMW der Serie 3 bei einem Wildunfall zu Schrott gefahren. Er suchte im Internet intensiv nach einem neuen Wagen – bis 30. Dezember 2022 hauptsächlich im niedrigpreisigen Segment. Er interessierte sich für übertragene Fahrzeuge im Bereich von 1.000 bis 4.000 Euro. Mit 30. Dezember 2022 änderte sich das in Richtung höherpreisiger Autos im Bereich von 13.000 bis 20.000 Euro.
Es kam zu Verkaufsverhandlungen mit Naser A. aus München. Dieser hatte einen BMW 730, Baujahr 2010, zum Kauf angeboten – um 17.200 Euro. Am Nachmittag des 30. Dezember 2022 kauften sich Mark N. und sein Halbbruder Erik O. ein Zugticken von Salzburg nach München. Sie hatten gemeinsam eine Wohnung in Salzburg gemietet.
„Schon die Verkaufsverhandlungen in München waren seltsam“, berichtet Michael Jeglitsch. Mark N. und Erik O. seien bereits um 19 Uhr vor dem Haus Naser As. gestanden. Zum Treffen mit dem Verkäufer des BMW 730 kam es erst eine Stunde später. Bereits am Nachmittag hatte Mark N. 25-mal auf Google-Maps verlassene Orte rund um München gesucht. Anscheinend hätte er mit Naser A. das vorgehabt, was er ein paar Tage später mit Mohanad Al S. umgesetzt hatte.
Mark N. hatte am 30. Dezember 2022 am Telefon zu Naser A. gesagt, er wolle den Wagen noch am selben Abend übernehmen. Er nehme den Kaufpreis von 17.200 Euro gleich in bar mit nach München. Zu einer Probefahrt kam es nicht. Mark N. sagte, er wolle sich den Kauf noch überlegen und die drei Männer trennten sich unverrichteter Dinge. Bevor N. und O. in den Zug zurück nach Salzburg einstiegen, hob Mark N. am Bankomaten 600 Euro ab. „Ich frage mich, warum er das getan hat, wenn er doch 17.200 Euro in seiner Sporttasche gehabt haben will“, sagt Jeglitsch. Mark N. hatte auch nicht wegen des Preises verhandelt, sondern hätte ihn scheinbar akzeptiert. Bei seiner Vernehmung später sagte Mark N., er habe vermutet, der Wagen sei schadhaft.
Treffen in der Silvesternacht. Am Tag darauf, dem Silvesterabend 2022, gegen 22.40 Uhr, nahm Mark N. via Facebook mit Mohanad Al S. Kontakt auf – er zeigte Interesse für den inserierten BMW X6. Eine halbe Stunde davor hatte N. neun verlassene Orte rund um Salzburg auf Google-Maps gesucht. Mark N. ersuchte dringend um ein Treffen noch in der Silvesternacht. Kurz vor Mitternacht kreuzte Mark N. in der Gegend auf, wo Al S. wohnte – ohne mit ihm in Kontakt zu treten.
Um zwei Uhr Früh meldete er sich bei ihm und Mark N. und Erik O. trafen sich mit Mohanad Al S. sowie dessen Freundin Malak A. in Salzburg. Mark N. zeigte sich am angebotenen BMW interessiert und sagte, er wolle ihn von einem befreundeten Mechaniker in Augenschein nehmen lassen. Das sollte am nächsten Tag geschehen.
Am Neujahrstag war Mark N. besonders aktiv, was die Suche nach abgelegenen Orten rund um Salzburg betraf. Am Abend und in der Nacht dehnte er die Suche auf eine Gegend in Bayern aus. Gegen 23 Uhr ließen sich Mark N. und Erik O. von einem Taxi nach Bad Reichenhall bringen, wo sie Mohanad Al S. kurz vor Mitternacht trafen. Al S. war überrascht, dass der angekündigte Automechaniker nicht dabei war. Er fand es zudem merkwürdig, wie sich die Probefahrt gestaltete: Hinters Steuer sollte er sich setzen, nicht der Käufer; dieser hatte am Beifahrersitz Platz genommen, Erik O. am Sitz hinter Mohanad Al S.
Mark N. „legitimierte“ sich bei Mark N. mit einem Handyfoto von einem Ausweis. Auf dem Bild waren lediglich die Ausweisnummer und einige andere nichts sagende Daten ersichtlich. Später stellte sich heraus, es hatte sich um den Personalausweis einer Kellnerin gehandelt, mit der Mark N. vor einiger Zeit gearbeitet hatte.
Mohanad Al S. kam gegen 0.30 Uhr von der Fahrzeugbesichtigung in Bad Reichenhall zurück in die Wohnung seiner Freundin, mit den Worten: „Er kauft den BMW.“ Den Preis hatte der Käufer offenbar akzeptiert.
Mark N. und Erik O. kehrten gegen 2 Uhr zurück nach Salzburg – mit demselben Taxi, mit dem sie nach Bad Reichenhall gefahren waren. Etwa eine Stunde lang suchten sie mithilfe von Google-Maps wieder Waldgegenden um Salzburg ab.
Wenige Stunden später, am Morgen des 2. Jänner 2023 verließ Mohanad Al S. seine Wohnung und kehrte nicht wieder zurück.
Google-Suche. „Was bei diesem Fall vor allem zum Erfolg geführt hat, war die Google-Suche“, erklärt Jeglitsch. Später bei der Verhaftung von Mark N. und Erik O. wurden deren Smartphones wie üblich sichergestellt. Die Daten der Handys wurden gespiegelt und die gespeicherten Daten wurden analysiert. Was dabei nicht zum Vorschein kam, war das Suchverhalten der Handybesitzer.
Doch Google-Maps archiviert Suchanfragen. Obwohl Mark N. seinen Google-Account am 3. Jänner 2023 nach dem vermutlichen Mordzeitpunkt deaktiviert hatte, gelang es Jeglitsch, alle Suchanfragen von Mark N. zu rekonstruieren.
Zudem hatte Mark N. nach dem 3. Jänner 2023 sämtliche Chats gelöscht, die er mit Mohanad Al S. auf Facebook geführt hatte. Jeglitsch holte sie sich vom Facebook-Account des Opfers.
Nach der Tat. Noch am späten Nachmittag des 2. Jänner 2023 sahen Anrainer zwei Unbekannte im Bereich des Campingplatzes Aigen bei Salzburg. Es handelte sich vermutlich um N. und O. Die Zeugen konnten sich auf die auffälligen Felgen des BMW X 6 erinnern, mit dem die beiden unterwegs waren. Zu dieser Zeit suchte Mark N. intensiv via Google-Maps verlassene Regionen ab, offenbar auf der Suche nach einem Ablageort für die Leiche Mohanad Ss.
Offenbar zur Verschleierung schrieb Mark N. um 22.40 Uhr eine Whats-App an Mohanad Al Ss. Handy, er wolle jetzt die Sommerreifen zum BMW bei Al Ss. abholen. Mohamad Al S. war zu dieser Zeit vermutlich nicht mehr am Leben. Um 0.25 Uhr schrieb er neuerlich eine Whats-App-Nachricht an das Opfer, wonach er es zum Abholen der Reifen nicht antreffen habe können. An der Adresse hinterließ er einen Zettel im Postkasten an der Adresse Mohanad Ss. in Bad Reichenhall.
Um 9.15 Uhr des 3. Jänner 2023 ließ Mark N. in der Zulassungsstelle einer Versicherung den BMW Al Ss. abmelden und besorgte sich ein Überstellungskennzeichen. Er legte dabei den Kaufvertrag vor, den Mohamad Al S. zum Treffen am 2. Jänner 2023 mit seinen Daten ausgefüllt und unterschrieben mitgebracht hatte.
Nach dem Verschwinden von Mohanad S. gaben Mark N. und Erik O. ihre Wohnung in Salzburg auf. Sie meldeten sich am 5. Jänner 2023 ab und gaben an, nach Ungarn zurückgezogen zu sein. Sie hätten somit keinen Wohnsitz im Bundesgebiet mehr. Michael Jeglitsch befragte die Magistratsbeamten, bei denen sich die beiden Ungarn abgemeldet hatten. Es gab nichts Auffälliges. Sowohl Mark N. als auch Erik O. waren persönlich gekommen.
Nachdem am 10. Jänner 2023 ein Beamter des Stadtpolizeikommandos Salzburg Mark N. kontaktiert hatte und Näheres zum Autokauf gefragt hatte, muss Mark N. kalte Füße bekommen haben. Er inserierte am Tag nach dem Anruf der Salzburger Polizei den BMW X 6 im Facebook-Marketplace um sieben Millionen Forint – knapp 18.000 Euro. Die Nervosität muss abgeklungen sein. Das Fahrzeug wurde am 16. Jänner 2023 auf den Namen Mark N. in Ungarn angemeldet. Zu diesem Zeitpunkt nahm Michael Jeglitsch vom Landeskriminalamt Salzburg die Ermittlungen auf.
Am 17. Jänner 2023 kündigte Mark N. den Mietvertrag für seine Salzburger Wohnung, aus der er sich am 5. Jänner 2023 abgemeldet hatte. Zwei Tage später leiteten Peter Meixner und Michael Jeglitsch eine Hausdurchsuchung dort ein. Die von N. und O. verlassenen Wohnung befand sich in der Fanny-von-Lehnert-Straße. Staatsanwältin Mag. Elena Haslinger hatte die Kriminalbeamten im Vorfeld unterstützt. Sie hatte Ermittlungen beauftragt wegen Verdachts auf Freiheitsentziehung durch Unbekannte.
Blutspuren. In der Küche der Wohnung fanden die Kriminalisten ein Handtuch vor, das über einen Heizkörper gehängt worden war. Es zeigte Spuren von Blut – so, als ob jemand das Handtuch zum Wegwischen von Blutspuren verwendet haben könnte.
Später stellte sich heraus, dass das Handtuch im BMW X 6 dazu verwendet worden war, Blut von der Rückbank wegzuwaschen. Doch der BMW war am 19. Jänner 2023 nicht in Salzburg, sondern mit Mark N. in Ungarn. Zudem ergab eine DNA-Analyse, dass das Blut auf dem Handtuch von Mohanad Al S. stammte.
Mithilfe von Mepa-Kontakten (Mitteleuropäische Polizeiakademie) Peter Meixners gelang es den Salzburger Kriminalbeamten, ein Bewegungsprofil des BMWs in den Tagen nach dem 2. Jänner 2023 herzustellen. Sie wiesen nach, wann und wo Mark N. eine Autobahnvignette in Ungarn gekauft hatte. In einem weiteren Fall war Mark N. in eine Radarfalle getappt. Nach Österreich jedoch mussten die Salzburger Kriminalisten den Ungarn erst locken.
Nach der Hausdurchsuchung am 19. Jänner 2023 hatten sie das Türschloss zur Wohnung getauscht. Mit der Vermieterin hatten sie vereinbart, sie solle Mark N. mitteilen, er müsse in die Wohnung kommen, um den dort verbliebenen Müll zu entsorgen. Sie teilte ihm auch mit, dass das Schloss getauscht worden war, und forderte ihn auf, sie daher anzurufen, sobald er beim Haus sei.
Zwei Tage nach der Hausdurchsuchung, am 21. Jänner 2023, um 20.40 Uhr, meldete sich die Vermieterin bei Michael Jeglitsch mit der Nachricht, Mark N. habe sie angerufen und stehe vor der Tür.
„Zum Glück war an diesem Tag Peter Meixner im Journaldienst“, berichtet Michael Jeglitsch. Der Journaldienstbeamte verständigte die EGS (Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität), Meixner und Jeglitsch. Als die Beamten um 22.40 Uhr zum Haus in der Salzburger Fanny-von-Lehnert-Straße kamen, saß Mark N. mit seiner Freundin in seinem BMW X 6. Er wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft zur sofortigen Vernehmung vorgeführt, der BMW beschlagnahmt.
Uhr des Opfers. Im BMW X 6 fanden die Kriminalbeamten Spuren von weggewischtem Blut auf der Rückbank vor, des Weiteren im Kofferraum und im Fußbereich. Im Handschuhfach befand sich eine relativ teure Armbanduhr von Mohanad Al S. Er hatte sie von seiner Lebensgefährtin zur Verlobung geschenkt bekommen. Auf der Uhr befand sich DNA von Mark N. und dem Opfer, auch die Blutspuren auf der Rückbank, im Fußraum und im Kofferraum wiesen DNA von Mohanad Al S. auf. Die Uhr, sagte Mark N., habe er im Kofferraum im Reservereifen gefunden, als er das Fahrzeug gereinigt hatte. Mohanad Al S. müsse sie dort vom Handgelenk gerutscht sein.
Mark N. war ein Begründungskünstler. Er wurde in seinen Vernehmungen gefragt, woher er das Geld für den Kaufpreis hatte. Er behauptete, er habe „gut verdient“ als Kellner. Er nannte eine Trinkgeldsumme von 300 Euro pro Tag. Die Kriminalbeamten widerlegten ihm das über seine Arbeitgeber unter anderem in Saalbach, Wagrain und Salzburg.
Seine Verteidigungslinie war zu sagen, Mohanad Al S. habe sich mit dem Geld aus dem Autoverkauf abgesetzt. Er hatte aber seinen Reisepass zu Hause gelassen, es gab keinerlei Anzeichen und zu Hause hatte er 4.000 Euro in bar zurückgelassen. Ein anderes Mal wollte die Verteidigung Mark Ns. eine Selbsttötungsvariante glaubhaft machen. Doch auch dafür gab es keine Anzeichen. Mohanad Al S. lebte zufrieden mit seiner Freundin.
Suche nach der Leiche. Aufgrund der Festnahme von Mark N. und dessen intensiver Suche in Waldgegenden kombinierte Michael Jeglitsch mehrere Stellen, an denen Mark N. und Erik O. ihr Opfer vergraben hätten können. Insgesamt initiierten die Salzburger Kriminalisten nach dem 22. Jänner 2023 zwanzig Polizeisuchaktionen um Salzburg und Bad Reichenhall.
Am aussichtsreichsten schien ein Waldstück bei Maria Plein. Jeglitsch leitete dort die erste Suchaktion am 22. Jänner 2023 ein. Der Ort passte zur Standortbestimmung anhand der Zellschwerpunktvermessung nach Funkzellenabsaugungen, zum Suchverhalten und dazu, dass Mark N. und Erik O. bei einem Campingplatz gesehen worden waren. Just an dem Tag, als die Suche mit Polizisten, Leichenspürhunden und vollem Programm beginnen sollte, begann es über Nacht zu schneien. Binnen weniger Stunden kamen 25 cm Schnee zusammen. Die Suche wurde zwar gestartet, war aber relativ aussichtslos. Frischer Erdaushub konnte keiner entdeckt werden – aufgrund der Schneelage. Die Leiche von Mohanad Al S. konnte bis heute nicht gefunden werden.
Abenteuerliche Erzählungen. Nach Erik O. wurde etwa ein Monat lang gefahndet. Er stellte sich am 14. Februar 2023 in der Salzburger Polizeiinspektion Alpenstraße. O. legte ein Geständnis ab. Doch die Tatversionen hörten sich teils abenteuerlich an: Erik O. sagte, er habe nach dem Autokauf in der Wohnung des Brüderpaars in der Fanny-von-Lehnert-Straße die Wohnung gemeinsam mit Al S. verlassen. Im Stiegenhaus habe ihm dieser einen Rempler verpasst, es sei zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen, wobei Al S. mit dem Kopf am Boden aufgeprallt und bewusstlos liegen geblieben sei. Erik O. sei in die Wohnung zurück, habe seinen Bruder gerufen, doch dieser sei bereits mit Kopfhörern in der Badewanne gelegen. O. habe sich daraufhin zurück zum Opfer begeben, habe auf der Straße zwei dunkelhäutige Männer angesprochen und sie gebeten, ihm zu helfen, den bewusstlosen Al S. aus dem Stiegenhaus etwa einen Kilometer zum Ufer der Salzach zu tragen. Dort will er den Körper Al Ss. auf einer Parkbank abgelegt haben und die beiden Schwarzen hätten sich verabschiedet. Vor Gericht tischte er eine andere Variante auf: O. sagte, er hätte den reglosen Körper von Al S. drei Stockwerke hinauf zur Wohnung getragen – und zwar auf Händen. Danach hätte er das Opfer mit dem Pkw zu einem asphaltierten Feldweg gebracht und neben diesem vergraben.
„Sämtliche Versionen waren nicht sehr glaubhaft“, sagt Michael Jeglitsch, „denn in dem Mehrparteienhaus befinden sich Geschäfte im Erdgeschoß. Wir waren dort, man ist dort kaum eine Minute allein. Ständig wird das Stiegenhaus benützt. Und dass O. den reglosen Körper von Al S. drei Stockwerke auf Händen hinaufgetragen haben will, ist völlig absurd.“
Erik O. wurde zu 18 Jahren Haft verurteilt, Mark N. zu 15 Jahren – beide wegen Raub mit Todesfolge. Eine Berufung wegen Nichtigkeit wurde vom Obersten Gerichtshof abgewiesen, jetzt liegt der Fall im Oberlandesgericht zu Beurteilung der Strafhöhe.
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