Steuertricks und Schattenwirtschaft
- -pa-
- 18. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Der Jahresbericht 2024 des Amtes für Betrugsbekämpfung (ABB) liefert einen Überblick über aktuelle Erscheinungsformen von Steuer- und Abgabenbetrug in Österreich. Der Bericht zeigt, wie sich die Behörde organisatorisch weiterentwickelt hat und welche Schwerpunkte in der operativen Arbeit gesetzt wurden.

Das ABB bündelt seit 2021 die Betrugsbekämpfungseinheiten des Bundesministeriums für Finanzen in einer eigenständigen Behörde. Ziel ist eine effiziente operative Steuerung und Aufgabenwahrnehmung im Bereich der präventiven und repressiven Betrugsbekämpfung im Finanzressort. Die Kernaufgaben umfassen:
• Finanzstrafrechtliche Ermittlungen und Sanktionierungsmaßnahmen,
• Aufdeckung von Steuer- und Sozialbetrug,
• Bekämpfung internationaler Steuerkriminalität,
• Kontrolle und Aufdeckung von Scheinunternehmen,
• Proaktive Schwerpunkte in Bereichen wie Glücksspiel, Kryptowährungen und Geldwäsche.
Entwicklung der Aufgaben. Der Aufgabenbereich des ABB wuchs stetig, insbesondere durch neue gesetzliche Vorgaben wie das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 und das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024. Technologische Entwicklungen und neue Betrugsfelder erfordern kontinuierliche Anpassungen, etwa durch die Einführung des elektronischen Strafaktes, die Umsetzung von EU-Richtlinien und die Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse.
Umsatzsteuerbetrug in Millionenhöhe. Im Jahr 2024 konnte ein europaweiter Mehrwertsteuerbetrug in Höhe von 195 Millionen Euro aufgedeckt werden. Das ABB war mit dem USt-BBCC maßgeblich an den Ermittlungen beteiligt. In einer koordinierten Aktion wurden 130 Hausdurchsuchungen durchgeführt, 14 Personen verhaftet und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die Täter nutzten Strohmänner, Briefkastenfirmen und fiktive Identitäten, um grenzüberschreitende Steuerbefreiungen zu missbrauchen.
Operation Admiral 2. Im Rahmen der Operation Admiral 2 wurden in 16 Ländern Durchsuchungen und Sicherstellungen durchgeführt. Das ABB war mit 20 Einsatzkräften beteiligt. Die Operation führte zur Aufdeckung des bislang größten Mehrwertsteuerbetrugs mit einem Schaden von 2,9 Milliarden Euro und zahlreichen Festnahmen sowie Sicherstellungen von Wertgegenständen und Bargeld.
Steuerbetrug durch Vereinsverkäufe. Ein komplexes Netzwerk von Vereinsgründungen und -verkäufen diente der systematischen Steuerumgehung. Durch koordinierte Hausdurchsuchungen konnten Bargeld, Luxusgüter und illegale Medikamente sichergestellt werden. Die Ermittlungen richten sich gegen die Initiatoren und hunderte Käufer der Vereine.
Ein Speditionsunternehmen mit Sitz in Osteuropa, aber Tätigkeitsschwerpunkt in Österreich, deklarierte Einkünfte und Umsätze unvollständig. Ermittlungen ergaben eine Steuerverkürzung von rund 202.000 Euro.
Mehrere Fälle zeigten, wie durch Immobiliengeschäfte, Scheinrechnungen und den Einsatz von Strohfirmen Abgaben hinterzogen wurden. Die Schadenssummen reichen von Hunderttausenden bis zu mehreren Millionen Euro.
Illegales Glücksspiel. Das ABB führte zahlreiche Kontrollen und Hausdurchsuchungen durch, um illegales Glücksspiel zu unterbinden. In einem Fall wurde ein bereits verurteilter Täter erneut festgenommen und zu einer Geldstrafe von 960.000 Euro sowie Haft verurteilt. Insgesamt wurden 186 illegale Glücksspielgeräte beschlagnahmt und vernichtet.
Illegales Glücksspiel steht häufig in Verbindung mit Drogenhandel und anderen Delikten. Bei Kontrollen wurden neben Glücksspielgeräten auch Drogen und gesuchte Personen aufgefunden.
Im Baugewerbe wurden zahlreiche Fälle von Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und manipulierten Buchhaltungen aufgedeckt. In einem Fall wurden über 1,1 Millionen Datensätze gelöscht, um Umsätze zu verschleiern. Die Schadenssummen bewegen sich im Millionenbereich.
Der größte Prozess am Innsbrucker Landesgericht mit 102 Angeklagten betraf langjährige Abgabenhinterziehungen und Schwarzgeldzahlungen. Alle Angeklagten wurden zu Geldstrafen verurteilt, der Hauptverantwortliche zu einer teilbedingten Geld- und Haftstrafe.
Gastronomie und Tourismus. Ermittlungen gegen Betreiber von Chinarestaurants führten zu Pfändungen und Sicherstellungen von über 200.000 Euro, auch im Ausland. Die Zusammenarbeit mit internationalen Behörden war entscheidend für den Erfolg.
Ein Softwarevertreiber wurde wegen Beitragstäterschaft bei der Programmierung manipulativer Kassensysteme zu einer Geldstrafe von 2 Millionen Euro und einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Programme ermöglichten systematische Umsatzverkürzungen in zahlreichen Restaurants.
Kontrollen bei Wintersportbetrieben und Großveranstaltungen führten zu zahlreichen Anzeigen wegen Verstößen gegen das Sozialversicherungsrecht, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz.
Kontrollen bei Security-Unternehmen und Großveranstaltungen deckten komplexe Betrugsnetzwerke auf, die mit Scheinunternehmen und Schwarzarbeit arbeiteten. Es wurden zahlreiche Verstöße gegen Sozialversicherungsgesetze festgestellt und Konten eingefroren.
Ein Familienbetrieb in der Tierzuchtbranche deklarierte Einnahmen aus dem Verkauf von Rassehunden und -katzen sowie aus Hundebetreuung nicht korrekt. Ermittlungen ergaben einen Umsatz von über 1,27 Millionen Euro, der überwiegend nicht versteuert wurde.
Gemeinsame Kontrollen mit Zoll und Polizei führten zu zahlreichen Feststellungen von Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Sozialversicherungsgesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz. Es wurden Steuerrückstände in Höhe von über 460.000 Euro festgestellt.
Ein ehemaliger Stadtangestellter wurde nach einer Verurteilung wegen Veruntreuung zusätzlich wegen Abgabenhinterziehung verurteilt, da er die veruntreuten Gelder nicht versteuerte.
Ermittlungen im Schmuckhandel und bei Immobilienverkäufen deckten Steuerhinterziehungen und illegale Goldtransaktionen auf. In einem Fall wurden 2,6 kg Gold beschlagnahmt, in einem anderen Fall wurden Goldbarren als Teil eines Immobilienverkaufs zur Steuerumgehung genutzt.
Führung und Personal. Mit 1. November 2024 übernahm Mag. Christian Ackerler die Leitung des ABB. Die Behörde wurde erneut mit dem Zertifikat „berufundfamilie“ ausgezeichnet, was die Bedeutung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen unterstreicht.
Die Digitalisierung stellt das ABB vor neue Herausforderungen, insbesondere durch die Zunahme beschlagnahmter IT-Daten (2024: 159.000 GB). Der Ausbau digitaler Kompetenzen bleibt ein zentrales Ziel, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
Gesetzliche Anpassungen. Das Jahr 2024 war geprägt von zahlreichen gesetzlichen Neuerungen, darunter das Betrugsbekämpfungsgesetz, Änderungen im Finanzstrafgesetz und neue Meldepflichten für Zahlungsdienstleister. Diese Anpassungen stärken die Handlungsfähigkeit des ABB und ermöglichen effizientere Ermittlungsverfahren.




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