top of page

Leichenteile im Koffer

  • Werner Sabitzer
  • 22. Apr.
  • 7 Min. Lesezeit

Der Wiener Franz Laudenbach ermordete Anfang der 1930er-Jahre zwei heiratswillige Frauen und raubte sie aus. Seine Verhaftung verhinderte weitere geplante Raubmorde.


Titelblatt der Illustrierten Kronen Zeitung vom 19. Februar 1932 über den Doppelmörder Franz Laudenbach.
Titelblatt der Illustrierten Kronen Zeitung vom 19. Februar 1932 über den Doppelmörder Franz Laudenbach.

Ein 40jähriger, kleiner Pensionist (Angestellter), ledig, sucht schlichtes Mädchen oder Frau mit etwas Ersparnissen zwecks Heirat ...“

Dieses Inserat erschien am 31. Jänner 1932 in einer Wiener Zeitung. Auf die Annonce meldeten sich 16 Frauen, unter ihnen die 41-jährige Anna Puberl aus Neumarkt in der Tschechoslowakei. Sie arbeitete als Köchin in einem Haushalt in Wien und hatte sich in zwanzig Jahren Arbeit 7.000 Schilling (heutiger Wert: 31.200 Euro) erspart.

Anna Puberl verließ am 11. Februar 1932 ihre Unterkunft in der Lazarettgasse 45. Weil sie nicht wie vorgesehen zur Arbeit erschien, machte sich ihre Dienstgeberin Sorgen. Am 13. Februar 1932 erhielt die Dienstgeberin eine Postkarte, mit der Puberl sie darüber informierte, dass sie nicht zum Dienst kommen könne, weil sie mit einem Verehrer nach Ungarn gefahren sei und dort einige Tage verbringen werde. Vor ihrem Verschwinden hatte sie erzählt, dass sie über ein Inserat einen gewissen „Franz Leitner“ kennengelernt habe, der Telegraphenarbeiter gewesen sei und eine Invalidenrente beziehen solle. Er habe mit ihr ein Putzerei erwerben wollen und sie habe deshalb am 11. Februar von ihrem Sparbuch knapp 4.700 Schilling (20.900 Euro) abgehoben.


Pakete mit Leichenteilen. In der Halle des Franz-Josefs-Bahnhofs in  Wien wurde am 14. Februar 1932 eine Schachtel gefunden, in der sich Leichenteile befanden, eingewickelt in hellbraunes Packpapier. Am nächsten Tag in der Früh entdeckte man in einem abgekoppelten Eisenbahnwaggon in Amstetten einen Koffer, aus dem es entsetzlich stank. Im Koffer befand sich der Rumpf einer Frauenleiche, ebenfalls in braunes Packpapier verpackt. Die Ermittler des Wiener Sicherheitsbüros vermuteten einen Zusammenhang und stießen auf einen ersten Verdächtigen: Am 15. Februar 1932 sprang ein Malergehilfe in Selbstmordabsicht in den Donaukanal, konnte aber gerettet werden. Als Motiv für den Suizidversuch gab er an, „etwas Furchtbares angestellt“ zu haben. Die Kriminalisten glaubten, den Mörder der Frau vor sich zu haben, mussten ihn aber bald wieder freilassen.

Nachdem Tageszeitungen über den Fund der Leichenteile berichtet hatten, meldeten sich Bewohner des Hauses Gudrunstraße 177 in Wien-Favoriten bei der Polizei. Sie gaben an, dass sie am Tag des Verschwindens von Anna Puberl aus einer Wohnung gellende Schreie einer Frau gehört hätten. Einige Nachbarn pochten an die Wohnungstür mit der Nummer 12 im Mez­zanin, aber sie wurde nicht geöffnet. Als der Hausmeister drohte, die Polizei zu verständigen, öffnete der Wohnungsinhaber Franz Laudenbach die Tür und versuchte, die Nachbarn zu beruhigen. Es handle sich um eine private Angelegenheit, behauptete Laudenbach. Als sich der Hausmeister doch entschloss, zum Polizeiwachzimmer zu gehen, um den Vorfall zu melden, traf er im Stiegenhaus Laudenbach. Dieser erklärte, er habe mit seiner Freundin in der Wohnung gestritten und ihr einige Ohrfeigen versetzt, deshalb habe sie so laut geschrien. Die Freundin habe sich aber beruhigt und das Haus verlassen. Seine Frau dürfe das nicht wissen. Der Hausmeister ließ sich beschwichtigen.

Franz Laudenbach wurde festgenommen und erzählte den Ermittlern selbstsicher eine harmlose Geschichte mit einer Freundin. Er nannte ihren Namen und ihre Adresse. Daraufhin durfte er wieder heimgehen. Als aber die Freundin erklärte, an diesem Tag nicht in der Wohnung in der Gudrunstraße gewesen zu sein, und sich die Verdachtsmomente gegen Laudenbach erhärteten, wurde er neuerlich festgenommen. Nun änderte er seine Aussage. Die Frau in seiner Wohnung sei ein Straßenmädchen gewesen. Er habe mit ihr gestritten und sie hätte dann seine Wohnung verlassen. Die Nachbarn gaben an, zur fraglichen Zeit keine Frau im Haus gesehen zu haben.

Bei der Durchsuchung der Zimmer-/Küche-Wohnung, in der Laudenbach mit seiner Frau Marie und ihrem sechsjährigen Buben lebten, wurden Blutspuren und Frauenhaare entdeckt. Laudenbach hatte eine Verletzung an der rechten Hand. Er behauptete, er habe sich in der Woche zuvor beim Holzhacken geschnitten. Auch die Blutspuren an seiner Kleidung kämen von dieser Verletzung.

Schriftproben ergaben, dass Laudenbachs Schrift, obwohl er sie zu verstellen versucht hatte, eine auffallende Ähnlichkeit mit den beiden Briefen aufwies, die der angebliche „Franz Leitner“ an Anna Puberl geschrieben hatte. Die Briefe waren in Laudenbachs Wohnbezirk Favoriten aufgegeben worden.

Trotz dieser Indizien stritt Laudenbach die Bluttat vehement ab. Als er einen Kriminalbeamten traf, den er von der Justizwache her kannte, entschloss er sich, ein Geständnis abzugeben. Bei der neuerlichen Einvernahme erklärte er, dass es kein geplanter Mord gewesen sei, sondern ein Totschlag in „maßloser Aufregung“. Er habe sich mit Anna getroffen und sie in seine Wohnung mitgenommen. Dort habe er ihr mitgeteilt, dass er verheiratet sei. Daraufhin habe sie zu schreien begonnen und er habe ihr einen Faustschlag auf den Kopf verpasst. Sein Zorn habe sich gesteigert, er habe ihr weitere Schläge auf den Kopf versetzt und sie so lange gewürgt, bis er zu seinem Schrecken bemerkt habe, dass sie tot sei.


Franz Laudenbach, geboren am 13. Jänner 1890, war ab 1921 im Straflandesgericht Wien aushilfsweise als Gefangenenaufseher und ab 1924 als Laborant in der Desinfektionsanstalt des Gefangenenhauses beschäftigt. Er war zuständig für die Desinfektion der schmutzigen und verlausten Wäsche der Häftlinge und arbeitete auch im Bad. Weil er mit Häftlingen Geschäfte machte und für sie Tabak, Lebensmittel und Kassiber schmuggelte, wurde er im Dezember 1930 entlassen. Seiner Frau und seinem Kind wurde ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 80 Schilling (340 Euro) bewilligt.

Franz Laudenbach pachtete für seine Frau in der äußeren Mariahilfer Straße in Rudolfsheim ein Café und bezahlte dafür 4.000 Schilling (17.000 Euro). Über die Herkunft des Geldes schwieg er. Seine Frau behauptete, dass sie von ihrem in der Tschechoslowakei verstorbenen Vater Geld geerbt hätte. Es fanden sich aber keine Hinweise darauf. Das Café ging schlecht und Laudenbach musste es wieder hergeben. Das Ehepaar übernahm nun eine Putzerei in der Schelleingasse im ersten Bezirk, aber auch dieses Geschäft ging schlecht.

Als ihn seine Frau drängte, eine Arbeit zu suchen, beschloss Laudenbach, wohlhabende Frauen „auszunehmen", zu berauben und wenn erforderlich, auch zu töten. Er informierte auch seine Frau darüber. Über Zeitungsinserate suchte er heiratswillige Frauen und traf sich mit Damen, die sich auf sein Inserat gemeldet hatten. In einem Fall wollte sich ein Dienstmädchen mit ihm treffen, aber ihre Dienstgeberin ging statt ihr hin. Nach der Festnahme Laudenbachs erkannte die Dienstgeberin ihn als jenen Mann, der sich als „Franz Leitner“ vorgestellt hatte.


Weitere Indizien belasteten Laudenbach.  Seine Frau sagte aus, dass sich der Koffer, in dem der Rumpf von Anna Puberl in Amstetten gefunden worden war, seit Jahren in ihrem Besitz befunden hatte. Die Ermittler stellten fest, dass die Postkarte an Anna Puberls Dienstgeberin von Marie Laudenbach im Auftrag ihres Mannes geschrieben worden war. Franz Laudenbach gab nun zu, Anna Puberl am 12. Februar 1932 in seiner Wohnung mit einer Holzhacke erschlagen, die Leiche zerstückelt und in mehreren Paketen entsorgt zu haben. Er hatte sich Annas Vertrauen erschlichen und sie bewogen, ihr Geld von der Postsparkasse abzuheben. Danach lud er Anna in seine Wohnung ein, um, wie er sagte, ihr seine Schwester vorzustellen. Die Schwes­ter war allerdings nicht anwesend. Laudenbach hatte mit Anna Sex auf dem Diwan. Als sie in die Küche ging, um sich zu waschen, schlug Laudenbach ihr mit einer Hacke auf den Hinterkopf. Anna schrie und sank zu Boden. Der Täter versetzte ihr noch einige Hackenschläge auf den Schädel und erwürgte das Opfer. Er beseitigte die Blutspuren, wickelte die Leiche in ein Leintuch und versteckte sie unter dem Bett. Er nahm ihr Geld und versteckte es im Geschäft seiner Frau. Am nächsten Tag half seine Frau ihm bei der Beseitigung von Spuren in der Wohnung. In der Nacht zerstückelte Laudenbach die Leiche mit einem Hirschfänger. Am nächsten Tag verbrannte er die blutige Kleidung und Wäsche im Geschäft. Den Kopf der Leiche verpackte er und warf das Paket mit einem Stein beschwert von der Nordbahnbrücke in die Donau. Tags darauf legte er den Koffer mit dem Rumpf Puberls im Westbahnhof unter die Bank eines Waggons. Dann fuhr er zum Franz-Josefs-Bahnhof und hinterließ in der Halle das Paket mit den Beinen.


Tatwaffe Nudelwalker. Justine Mahr, die geschiedene Frau eines Kanzleidirektors der Finanzlandesdirektion Klagenfurt, wurde von ihrem Untermieter am 7. Dezember 1931 in der Küche ihres Hauses in der Speisinger Straße, in Wien-Hietzing, in einer Blutlache liegend aufgefunden. Neben der Leiche lag ein blutbefleckter Nudelwalker.

Justine Mahr hatte im November 1932 folgendes Zeitungsinserat gelesen: „40jähriger Pensionist sucht Fräulein oder Frau, auch auf dem Land, mit 4000 bis 5000 Schilling Bargeld zwecks eventueller Geschäftsgründung zu ehelichen.“ Sie kontaktierte den Inserenten und freundete sich mit dem Mann an, der sich als pensionierter Postbeamter namens „Landgraf“ ausgab. Am 7. Dezember 1931 behob sie 3.000 Schilling (12.400 Euro) von einem Sparbuch. Beim Mittagessen mit ihrem neuen Freund stand dieser auf, nahm einen an der Wand hängenden Nudelwalker und versetzte Justine Mahr einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf. Das Opfer stürzte mit einem Aufschrei zu Boden und der Täter schlug noch weitere viermal auf den Kopf der Frau, bis sie sich nicht mehr rührte. Der Mörder stahl die am Vormittag behobenen 3.000 Schilling und verließ das Haus.

Nach seiner neuerlichen Festnahme gestand Franz Laudenbach auch den Mord an der „Alten von Lainz“. Mit der Beute hatte er Schulden bezahlt und seiner Frau Geschenke gekauft.


Mordversuch. Laudenbach wurde des Mordversuchs an einer weiteren vermögenden Frau beschuldigt. Eine ältere Wienerin hatte Laudenbach mehrmals Geld gegeben. Er war auch öfters allein in ihrer Wohnung. Als ihr übel wurde, nachdem Laudenbach ihren Ofen eingeheizt hatte, befürchtete sie eine Kohlenmonoxidvergiftung. Sie wandte sich an einen Sachverständigen, der feststellte, dass der Ofen manipuliert worden war, sodass das Rauchgas nicht im Kamin abziehen konnte, sondern in den Raum gelangte. Die Indizien und Beweise reichten nicht für eine Verurteilung.


Lebenslanger Kerker. Franz Laudenbach wurde wegen zweifachem meuchlerischen Raubmordes angeklagt. Seiner Frau Marie wurde eine „entfernte Mitschuld“ an beiden Bluttaten vorgeworfen. Die Gerichtspsychiater bescheinigten ihm eine überdurchschnittliche Intelligenz, ungewöhnliche sittliche Verworfenheit sowie eine starke Gefühlskälte und Gemütsrohheit. Der Angeklagte wurde vom Schwurgerichtshof in Wien nach viertägiger Prozessdauer am 25. Juni 1931 zu einer lebenslangen schweren Kerkerstrafe verurteilt, verschärft durch ein hartes Lager vierteljährlich. Seine Frau Marie erhielt 18 Monate schweren Kerkers, ebenfalls verschärft durch ein hartes Lager vierteljährlich. Das verurteilte Ehepaar verzichtete auf Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde.


Gefängnisausbruch. Franz Laudenbach wurde zur Strafverbüßung in die Strafanstalt Stein an der Donau gebracht. In der Nacht auf den 1. Juli 1940 konnten er und drei weitere Häftlinge flüchten. Eine knappe Woche später wurde Laudenbach im dritten Wiener Bezirk auf der Straße erkannt und von zwei Schutzpolizisten festgenommen. In der kurzen Zeit der Freiheit hatten Laudenbach und ein weiterer Ausbrecher mehrere Einbruchsdiebstähle verübt.                                     


Quellen/Literatur:

Der Raubmord an Anna Puberl. In: Neue Freie Presse, 18. Februar 1932, S. 23

Der Frauenmörder verhaftet. In: Arbeiter Zeitung, 18. Februar 1932, S. 4

Der Prozeß gegen den Frauenmörder Laudenbach. In: Arbeiter Zeitung, 7. Juni 1932, S. 5

Laudenbachs Bluttaten. In: Die Stunde, 23. Juni 1932, S. 3-4

Die Raubmörder Laudenbach und Blazej entsprungen. In: Illustrierte Kronen Zeitung, 3. Juli 1940, S. 5



Comments


©2023 Die Kriminalisten.

bottom of page