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  • Julia Brunhofer, Herbert Zwickl

„Ast West von Null weg aufgebaut“

Was einen gebürtigen Kärntner bewegt, in Wien Polizist zu werden, wie sich Kriminalität in den letzten 40 Jahren gewandelt hat und wieso er nicht ans Aufgeben im Kampf gegen das Böse denkt, auch wenn der Respekt vor der Polizei gesunken ist. Ein Porträt eines besonderen Kriminalbeamten.

Klaus Mair: „Leider ist der Kontakt zum Bürger heute in vielen Bereichen fast völlig verlorengegangen.“

Polizeiarbeit als Dienstleistung für die österreichische Bevölkerung – das war stets das Credo von Oberstleutnant Klaus Mair, BA, MA – auch noch nach seiner fast 40-jährigen Polizeilaufbahn. Eine gut aufgestellte und entsprechend geschulte und ausgerüstete Exekutive, die auch die Unterstützung der politisch Verantwortlichen hat, sei ein Garant für die Stabilität eines Landes und deren Bevölkerung. Ein Umstand, der wohl kaum mehr Aktualität erfährt als in Pandemiezeiten. „In einigen Deliktsbereichen wie Einbruch oder KFZ-Diebstahl, hat sich die Pandemie positiv auf die Fallzahlen ausgewirkt, in anderen Bereichen trägt sie zur Steigerung bei, etwa beim „Internetbetrug“ oder Betrugsdelikten, wo meistens ältere Opfer von falschen Polizisten oder angeblichen Verwandten angerufen und zur Herausgabe ihrer gesamten Barschaft verleitet werden“, so Mair. „Nur bei den Raubdelikten ist dzt. ein ständiges auf und ab zu bemerken und der Umstand, dass die Täter in den meisten Fällen sehr jung sind. Die Arbeit ist mit Sicherheit für die Kolleg*innen von heute nicht einfacher geworden, immer mehr und umfangreiche rechtliche Aspekte müssen berücksichtigt werden, die Kolleginnen und Kollegen auf der Straße müssen heute ein breites und umfassendes Wissen haben, sich ständig weiterbilden und der Respekt des Gegenübers ist teilweise fast völlig verloren gegangen. Die Kolleg*innen sind täglichen Anfeindungen ausgesetzt und jede Amtshandlung wird in den sozialen Netzwerken kritisch hinterfragt, immer öfter mit völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Handyaufnahmen von polizeilichem Einschreiten. Leider ist der Kontakt zum Bürger heute in vielen Bereichen fast völlig verlorengegangen, den guten alten Rayonsinspektor von damals gibt es heute nur noch vereinzelt, ist aber auch der Motorisierung und der Digitalisierung geschuldet.“


Außenstelle Wien West. Auch wenn sich vieles verändert hat in der Polizeiarbeit, so blickt Mair nicht mit Wehmut zurück. Die Kriminalität hat sich in den letzten vier Jahrzehnten ständig verändert und die Polizeiarbeit hat sich gleichermaßen angepasst. Waren es früher noch die Rayonsinspektoren, die nahezu jeden einzelnen ihrer zu beschützendem Bürger gekannt haben, so ist es heute die Digitalisierung und Mobilisierung der Polizeiarbeit, die Wien zu einer der sichersten Millionenhauptstadt der Welt macht. Der Westen von Wien hat es ihm angetan. Vor allem die Bezirke zwischen Penzing und Döbling – der Zuständigkeitsradius „seiner“ Außenstelle Wien West.

„Stolz bin ich heute noch, gemeinsam mit Georg Rabensteiner ab dem Herbst 2002 eine gut funktionierende Dienststelle eigentlich von ‘Null‘ weg aufgebaut zu haben“, erinnert sich Mair. „Angefangen vom Raumkonzept – immerhin wurden im Westen Wiens sechs Kriminalabteilungen zu einer großen Dienststelle zusammengefasst – bis hin zur umsichtigen Zusammensetzung der Gruppen, je nach Neigung der von ganz Wien in den Westen zugeteilten Kollegen*innen. Viele Ängste innerhalb der Belegschaft mussten damals ausgeräumt werden, war es doch nach Jahrzehnten die größte Reform der Wiener Polizei. Die Erfolge der Ast West sind auf dem Fundament von damals aufgebaut worden.“

Waren es früher noch die Gauner und Strizzis, die Wien verunsicherten und die Polizei beschäftigten, so ist es heute die organisierte Kriminalität in fast allen Deliktsbereichen, von der Cyberkriminalität über Einbruchsdelikte bis hin zur Drogenkriminalität.

„Sehr früh ist man daher in der Außenstelle West der Meinung gewesen, sich auch innerhalb der Ermittlungsbereiche zu spezialisieren und so wurden im Laufe der folgenden Jahre die KFZ-Gruppe und eine Intensivtätergruppe im EB 06 und die Arbeitsgruppen für West- und Nordafrikanische Tätergruppen im EB 09, kurz als AG Nigeria und AG Maghreb bezeichnet, ins Leben gerufen“, so Mair. „Es wurden im Bereich der Suchtmittel- und Einbruchskriminalität und der internationalen KFZ-Verschiebungen eine Vielzahl von Fakten geklärt und Tätergruppen festgenommen. Die Kolleg*innen der Sonderermittlungsgruppen verstehen sich aber auch als Ansprechpartner für andere Dienststellen.“

Der Dienst im Westen von Wien war für Mair alles andere als ungefährlich. Brenzlige Situationen hat er so einige erlebt. „In Erinnerung ist mir als Kriminalbeamter die Kontrolle einer Person in einer Kellerwohnung in Wien-Währing geblieben: der Verdächtige hatte eine geladene Faustfeuerwaffe unter einem Polster liegen, und als er bei der Kontrolle durch uns danach greifen wollte, konnten mein Kollege und ich dies in letzter Sekunde verhindern. Es hat vorher keine Anzeichen für die Gefährlichkeit dieser Person gegeben. Wir sind damals dem Hinweis eines Hausbewohners nachgegangen, dass sich in einem Kellerraum eine unbekannte Person häuslich eingerichtet hat.“

Der heute akademisch geprüfte Polizist hat sein Handwerk nicht nur in den Lehrsälen der Sicherheitsakademien gelernt.


Steiler Karriereweg. Am ersten Oktober 1982 trat er in die Schulabteilung der BPD Wien ein – nach dem Vorbild einiger Schulfreunde. Und so nahm die Karriere ihren Lauf: sein Weg führte ihn weit nach oben, er erlebte Schönes, Stolz, Respekt, Erfolg und so manche Gräuel. In lebhafter Erinnerung ist ihm noch heute der bestialische Mord an einer Geschäftsfrau am Beginn seiner Karriere, die von ihrem Sohn in ihrer Wohnung in Wien-Währing ermordet, aufgeschlitzt, geköpft und der Kopf anschließend in ihrem Geschäft zur Schau gestellt wurde.

1994 absolvierte Klaus Mair die Verwaltungsakademie des Bundes für die Verwendungsgruppe B und unterzog sich einem mehrmonatigen Auswahlverfahren für die Aufnahme zur Offiziersausbildung an der SIAK in Mödling.

Nach bestandenem Auswahlverfahren folgte in den Jahren 1995/1996 die Ausbildung zum Polizeioffizier. „In diese fällt Zeit auch der tragische Tod des Kriminalbeamten Christian Gillinger, mit dem er Dienst im BPK 18 versehen hatte, der sich am Tag des 8. Geburtstages seines Sohnes in einer Bäckerei in Wien-Hietzing nach einem Schussattentat in den Dienst gestellt hatte, und bei der Verfolgung des Täters von diesem vor dem Schloss Schönbrunn erschossen wurde“.

Nach der Ausmusterung wurde Klaus Mair ab 1. Jänner 1997 als leitender Kriminalbeamter im damaligen Kriminalbeamteninspektorat, anschließend bei der Staatspolizei der BPD Wien und mehrere Jahre als Stellvertreter des Leiters der Krb Abteilung beim BPK Favoriten verwendet. In diese Dienstzeit fällt die Umsetzung der Modellkommissariate mit der Installierung eines Deliktskataloges, welcher die Aufgabenverteilung zwischen den uniformierten und zivilen Kollegen erstmals detailliert regelte sowie die Implementierung der DNA-Datenbank in Österreich. „Ansprechpartner in vielen Angelegenheiten war der damals legendäre Stadthauptmann des BPK Favoriten, Hofrat Ing. Mag. Ludwig Berghammer“, erinnert sich Mair. „Die Zusammenarbeit mit ihm war insbesondere für einen jungen, leitenden Kriminalbeamten wie mich nicht immer einfach, aber doch von gegenseitigem Respekt füreinander getragen.“

Als Leiter der Krb Abteilung beim BPK Währing wurde Klaus Mair nach der großen Wiener Reform und Zusammenlegung der Krb-Abteilungen zu Kriminalkommissariaten Ende 2002 dem KK West als Referatsleiter Leib/Leben und Raub zugewiesen. „Von den ursprünglich in der Ast West, vormals KK West, in Verwendung befindlichen zwei A1 Beamten mit Schriftführerinnen, einer A2-Beamtin und fünf E1-Beamten, sind am Ende des Tages zwei E1-Beamte übriggeblieben“, erinnert er sich. „In der Bewertung des Arbeitsplatzes hat sich die Reduktion der Führungskräfte in den Außenstellen und die Übernahme sämtlicher Agenden durch die zwei verbliebenden E1 Beamten aber bis heute nicht ausgewirkt.“ Mit der LKA-Reform im Jahr 2008 und Umbenennung der Kriminalkommissariate in Außenstellen bekleidete Klaus Mair die Funktion des stellvertretenden Leiters der Außenstelle West, und nach der Pensionierung von Georg Rabensteiner übernahm er mit 1. Juli 2020 die Leitung der Außenstelle West.


Erfolgreiche Masterarbeit. Vielfach gelobt wurde seine Masterarbeit zum Thema Verdeckte Ermittler. „Nachdem in der Außenstelle West auch die VP-Koordination Wien für mehr als 10 Jahre angesiedelt war, beschäftigte ich mich fast logischerweise in meiner Masterarbeit mit dem Thema „Verdeckte Ermittlung in Österreich“, ohne jedoch selbst jemals als VE, VPF oder VPB tätig gewesen zu sein. Hauptaussagen sind u. a. eine bessere Besoldung für diese dzt. (noch) zusätzliche Tätigkeit, Schaffung eigener Planstellen für hauptamtliche Führungs- und Koordinationsstellen in jedem Bundesland und Intensivierung der Schulung nach der Grundausbildung als VPF, die es dzt. meines Wissens nicht (mehr) gibt. Zumindest der Punkt Trennung des Aufgabenbereiches der VPF von den Ermittlungsbeamten hat mittlerweile Einzug in den Polizeialltag gefunden.“

Der erfolgreiche Kriminalpolizist ist trotz vieler Stationen und krimina­lis­tischer Erfolge stets mit beiden Beinen am Boden geblieben. Polizeiarbeit hat weniger mit Macht zu tun, sondern vielmehr mit dem intensiven Kontakt zur Bevölkerung. Das hat Klaus Mair stets gelebt. „Neben der Bewältigung der Pandemie wird mit Sicherheit das Thema „Migration“ mit all seinen Ausprägungen im Bundesgebiet und das Thema „Personal“ den Sicherheitsapparat in den nächsten Jahren noch intensiv beschäftigen“, weiß der gebürtige Kärntner. Aufgaben, denen sich der Kriminalbeamte mit Leib und Seele in „seiner“ Außenstelle Wien West mit Freude widmen wird.



Steckbrief

Klaus Mair, Oberstleutnant, trat am 1.10.1982 in die Schulabteilung der BPD Wien ein. Von 1984 bis 1989 war er Sicherheitswachebeamter im 19. Bezirk am Schulwachzimmer Krottenbachstraße. 1989/1990 absolvierte Mair den 26. ZGAL für Kriminalbeamte und arbeitete anschlie­ßend als Kriminalbeamter in den Bezirken Margareten und Währing.

Den zweijährigen Offizierskurs beendete Mair 1996 gemeinsam mit Kollegen der Gendarmerie, Sicherheitswache und des Kriminaldienstes. Von 1997 bis 2000 war er Leitender Kriminalbeamter im damaligen Kriminalbeamteninspektorat, anschließend bei der Staatspolizei der BPD Wien und danach Stellvertreter des Leiters der Krb Abteilung beim BPK Favoriten

Im Jahre 2000 wurde ihm die Leitung der Krb Abteilung beim BPK Währing übertragen. Von 2002 bis 2008 war er Referatsleiter im KK West, nach der großen Wiener Reform und Zusammenlegung der Krb Abteilungen zu Kriminalkommissariaten.

Im Jahre 2008 wurde Mair zum Leiter-Stellvertreter der Außenstelle West ernannt, nach der LKA-Reform und Umbenennung der Kriminalkommissariate in Außenstellen. Seit 2020 ist Mair Leiter der Außenstelle West im LKA Wien.






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