Was Kinder ein zweites Mal traumatisiert
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Es ist nicht im Sinne des Opferschutzes, wenn Aussagen von Beschuldigten oder Betroffenen über Anwälte an die Medien und damit in die Öffentlichkeit gelangen und Kinder dadurch über Medien mit Details konfrontiert werden, vor denen sie in schonenden Einvernahmen eigentlich geschützt werden sollen“, sagt Mag.a Petra Birchbauer, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Österreichischer Kinderschutzzentren. Kinder und Jugendliche, die sexualisierte Übergriffe oder andere Formen von Gewalt erlebten, bräuchten vor allem eines: den Mut, sich anzuvertrauen und die Sicherheit, dass ihre intimsten und schmerzhaftesten Erlebnisse in der weiteren Abklärung und in einem Strafverfahren vertraulich behandelt werden.
Der beste Schutz vor sexuellen Grenzverletzungen, Übergriffen und Gewalt seien eine umfassende und richtige Aufklärung sowie eine gesunde körperliche Selbstwahrnehmung, „damit Kinder und Jugendliche ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen kennen“, sagt Birchbauer. Daher seien regelmäßige und altersgemäße Sexualpädagogik nötig sowie Gewaltprävention in allen Schulstufen und Elterninformationen. „Im Sinne der Stärkung der ausdrücklichen Zustimmung zu sexuellen Handlungen fordern wir eine Erweiterung der gesetzlichen Grundlage von ,Nein ist Nein’ auf ,Ja ist Ja’“, betont Petra Birchbauer.
Kinderschutzzentren und spezialisierte, kinder- und jugendspezifische Einrichtungen für psychosoziale und juristische Prozessbegleitung bieten dafür einen geschützten Rahmen. Betroffene und ihre Bezugspersonen erhalten professionelle Unterstützung – von der ersten Beratung zu einer Anzeige über die Begleitung zu Polizei und Gericht bis hin zur Unterstützung während des gesamten Strafverfahrens.
Kinderschutzorganisationen arbeiten eng mit spezialisierten Opferschutzanwältinnen und -anwälten zusammen, um Kinder und ihre Familien sensibel und fachgerecht zu beraten und im Strafverfahren zu vertreten. Ziel ist es, die Persönlichkeitsrechte der Kinder zu wahren und sie vor zusätzlicher Belastung zu schützen.
Über Medien an Opfer. „Es ist nicht im Sinne des Opferschutzes, wenn Aussagen von Beschuldigten oder Betroffenen über Anwälte an die Medien und damit in die Öffentlichkeit gelangen“, erläutert Mag.a Barbara Neudecker von der Fachstelle Prozessbegleitung. Kinder würden oft über Medien mit Details konfrontiert, vor denen sie in schonenden Einvernahmen geschützt werden sollten. Um Kinder vor medialer Retraumatisierung zu schützen, fordern die Kinderschutzzentren ein Zitierverbot für Verfahren, in denen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verhandelt wird.
Auch wenn gerichtliche Entscheidungen für Außenstehende manchmal schwer nachvollziehbar sind – insbesondere, wenn aus Opferschutzgründen nicht alle Fakten öffentlich gemacht werden können –, dürfe das Vertrauen in die Justiz nicht durch Skandalisierung untergraben werden.
„Eine voreilige öffentliche Verurteilung oder mediale Infragestellung der Justiz kann betroffene Kinder und ihre Eltern davon abhalten, sich Hilfe zu holen oder rechtliche Schritte einzuleiten“, erklärt Birchbauer. „Das kann nicht unser Ziel sein, denn es schadet nicht nur den Kindern, sondern erschwert auch die strafrechtliche Verfolgung von Tätern und Täterinnen.“
Damit Kinder vor Gericht ihre Erlebnisse möglichst authentisch schildern können, ist es wichtig, Beeinflussungen im Vorfeld zu vermeiden – etwa durch gezielte Information und Fortbildung aller Beteiligten. Nur so können Kinder ihre Erfahrungen so darstellen, dass ihre Glaubwürdigkeit für das Gericht nachvollziehbar und glaubwürdig bleibt.
Österreich verfügt über vielfältige Opferrechte – diese müssten konsequent angewendet und weiterentwickelt werden. Spezialisierte Prozessbegleitungseinrichtungen leisten einen wesentlichen Beitrag und sind ein Best-Practice-Beispiel für kinderfreundliche Justiz.




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