Generalstaatsanwaltschaft bzw. um das Weisungsrecht der Justizministerin gegenüber den Staatsanwaltschaften ging es bei einem Expertenhearing im Justizausschuss des Nationalrats am 19. Jänner 2023. Mit 72 Vorschlägen sprechen sich in dem Volksbegehren Bürger für Reformen aus, und zwar zu Anstand und Integrität in der Politik, zur Stärkung des Rechtsstaats und der Unabhängigkeit der Justiz bzw. der Ermittlungs- und Kontrollbehörden, für eine umfassende Antikorruptions- und Transparenz-Gesetzgebung sowie für Pressefreiheit, Medienförderung und gegen Inseratenkorruption. Österreich habe „seit Jahrzehnten ein unübersehbares und strukturelles Problem mit Korruption“.
Als einer der geladenen Experten dieses Themenblocks beleuchtete Univ.-Prof. Dr. Peter Lewisch vom Institut für Strafrecht der Universität Wien, einige der Forderungen des Volksbegehrens. Manche seien positiv zu sehen, andere haben aus seiner Sicht eher „moralisierenden Charakter“. Was eine Bundesstaatsanwaltschaft betrifft, erachte er Senatsentscheidungen als einen „unglücklichen Weg“. Lewisch sprach sich etwa für einen Kostenersatz aus bei Freispruch und Einstellung, aber gegen eine eigene WKStA-Polizei. Handlungsbedarf ortet er im Hinblick auf lange und überlange Verfahren sowie bei der Erleichterung der Durchgängigkeit zwischen juristischen Berufen.
Was die Reform des Korruptionsstrafrechts betrifft, könne er anerkennen, dass zur Amtswerberbestechung ein sachgerechter, politischer Kompromiss gefunden worden sei. Index-Untersuchungen zur Korruption halte er insofern für fragwürdig, als sie einen „Wahrnehmungsindex“ darstellten.
Kriminalpolizei zur Justiz? Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer, Leiter des Instituts für Strafrechtswissenschaften der Johannes-Kepler-Universität Linz, sieht im Korruptions-Reformpaket einen wichtigen Schritt. Wichtig sei es, den Zugang zum Recht zu erleichtern. Es lasse sich darüber diskutieren, ob die Kriminalpolizei weiter dem Innenministerium unterstehen soll.
Der Rechtsanwalt und frühere Staatsanwalt Dr. Volkert Sackmann sprach sich hinsichtlich der Staatsanwaltschaftsspitze dafür aus, das Weisungsrecht und Berichtswesen abzuschaffen, zumal auch Richter keine Weisungen bekommen würden. Das mehrstufige Berichtswesen stelle sich nicht nur als intransparent dar, sondern erfolge auch nur bei Personen von öffentlichem Interesse.
Auch die Besetzungen innerhalb der Justiz sollten transparenter werden. Sobald es um höhere Positionen gehe, „weiß man, wen man haben will“. Den „gesellschaftlichen Tod“ könne die mediale Berichterstattung für Menschen bedeuten, wenn etwa aus Akten zitiert werde. Er habe sich stets als Gegner davon positioniert, dass Medien aus Ermittlungsverfahren berichten.
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