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Frauenmörder „Dr. Herzog“

  • Werner Sabitzer
  • 24. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Der Tiroler Elmar S. beutete als Heiratsschwindler viele Frauen finanziell aus. In den 1970er-Jahren ermordeter er in Bayern aus sadistischen Motiven mindestens drei Frauen.


Justizanstalt Stein an der Donau: Elmar S. verbüßte hier seine lebenslange Freiheitsstrafe.
Justizanstalt Stein an der Donau: Elmar S. verbüßte hier seine lebenslange Freiheitsstrafe.

Eine junge Frau erschien am 2. Februar 1978 in einem Polizeiwachzimmer in Innsbruck und schilderte den Polizisten, dass sie in der Nacht zuvor von einem Mann mit einer Faustfeuerwaffe bedroht und gezwungen worden sei, in sein Auto zu steigen. Er habe sie in seine Wohnung gebracht, besonders grausam gefoltert und vergewaltigt. Ihr sei es gelungen zu flüchten. Die Schilderungen der Serviererin klangen so unglaublich, dass die Polizisten an der Korrektheit der Aussagen ihre Zweifel hatten.

Die Ermittler forschten den Verdächtigen aus und vernahmen ihn am nächsten Tag. Es handelte sich um den 39-jährigen Tiroler Elmar S. Er hatte in Innsbruck ein Cafè betrieben, war aber in die Insolvenz geschlittert. Er hatte auch als Hotelkaufmann, Schiffssteward und Vertreter für Kosmetikartikel gearbeitet. S. galt als Hochstapler und Heiratsschwindler. In Deutschland wurde er mehrfach wegen Körperverletzung, Betrugs, Amtsanmaßung, Diebstahls und Unterschlagung verurteilt.

Wegen der brutalen Vergewaltigung musste sich Elmar S. im Juni 1979 im Landesgericht Innsbruck verantworten. Der Tiroler Gerichtspsychiater Heinz Prokop beschrieb den Angeklagten in seinem Gutachten als einen „Triebtäter gefährlichsten Grades“. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit liege nicht vor. Als der Verteidiger eine weitere Begutachtung des Beschuldigten wegen einer möglichen Schilddrüsenerkrankung beantragte, wurde die Verhandlung vertagt. Das Gericht traf keine aufenthaltsbeschränkende Anordnung, so dass sich der Angeklagte nach Bayern absetzen konnte.


Brutale Frauenmorde. Einige Wochen später wurden in Bayern zwei brutale Frauenmorde verübt. Am Morgen des 7. Juli 1979 wurde die 41-jährige Unternehmerin und Millionenerbin Karin S.-K. in ihrer Villa in Grünwald bei München tot aufgefunden. Ihr Mörder hatte sie im Schlafzimmer aufgebahrt. Das Opfer war mit Alkohol und Schlafmittel betäubt und erdrosselt worden.

Im Keller eines ehemaligen Exerzitienhauses der Jesuiten am Starnberger See wurde im Juli 1979 die nackte Leiche der 35-jährigen Anwaltssekretärin Sonnhilde W. entdeckt. Der Mörder hatte den Körper mit zahlreichen Schnitten entstellt und die Augen ausgestochen.

Beide Frauen waren geschieden und in beiden Fällen fehlten Wertgegenstände der Mordopfer.

Die Münchner Kriminalisten gingen einer Reihe von Spuren nach. Beide Frauen hatten auf eine Kontaktanzeige in der „Süddeutschen Zeitung“ geantwortet. In dieser Annonce suchte ein „Arzt, verw., 41 J., 184, dunkel, 79 kg, mit besteingeführter Privatklinik, herrlichem Besitz in Nizza, anhanglos“ eine „adäquate Partnerin zur baldigen Ehe“. Die gewünschte Frau sollte „aus Paritätsgründen“ vermögend sein.

In der Wohnung Sonnhilde W. fanden die Kriminalpolizisten einen No­tiz­zettel mit der Telefonnummer von „Dr. Karl Theodor Herzog“. Die Ermittlungen führten zum Tiroler Elmar S., der sich in Bayern niedergelassen hatte. Die Indizien und Beweise verdichteten sich: Im Wohnzimmer der Villa von Karin S.-K. befand sich ein Blumenstrauß. Die Mutter des Opfers sagte aus, dass sich der Strauß vor dem Besuch des mutmaßlichen Mörders noch nicht im Wohnzimmer befunden habe. Die Angestellte eines Blumenladens am Hauptbahnhof München erkannte bei einer Gegenüberstellung Elmar S. einwandfrei als den Käufer des Blumenstraußes. An der Nachttischlampe von Karin S.-K. wurden Fussel gesichert, die von einem Handschuh von Elmar S. herrührten.

Im Haus von Elmar S. wurden unter anderem ein Nerzmantel und eine Ledertasche aus dem Besitz von Sonnhilde W. sichergestellt. Er und seine Freundin Helmtrud von H. kamen Mitte Juli 1979 in Untersuchungshaft. Die Komplizin hatte Euroschecks von Sonnhilde W. eingelöst und einen höheren Lire-Betrag des Mordopfers Karin S.-K. in Mark gewechselt. Sichergestellt wurden auch Foltergeräte und Plastiksäcke, die laut dem Staatsanwalt über den Kopf der Opfer gezogen zum Ersticken geführt hätten.

Elmar S., der einige Jahre in Augsburg gewohnt hatte, wurde auch zu fünfzehn ungeklärten Frauenmorden befragt, die ab 1963 im Raum Augsburg verübt worden waren. Der Staatsanwalt sah aber keine Parallelen zu den beiden Frauenmorden.


Heiratsschwindler. Der attraktive Elmar S. hatte schon vor den Morden immer wieder Frauen über Kontaktanzeigen kennengelernt und finanziell ausgebeutet. 1972 kam es zu einer Gerichtsverhandlung, weil er einer Münchner Unternehmerin die Ehe versprochen, sie nach Kanada gelockt und ausgenommen hatte. In diesem Prozess behauptete er, „acht- bis zehnmal am Tag“ mit der Klägerin Sex gehabt zu haben, auch mit „Lustwerkzeugen“. Elmar S. inserierte auch mit anderen erfundenen Namen, wie „Dr. Rebe“, „Dr. Kaulbach“ und „Clemens von Fürstenried“.


Lebenslange Freiheitstrafe. Im Juni 1981 fand im Landgericht München das Gerichtsverfahren gegen Elmar S. wegen zweifachen Mordes statt. Laut gerichtspsychiatrischem Gutachten galt der Angeklagte als schuldfähig, „intelligent“ und „raffiniert“. Zeugen sagten aus, dass der Angeklagte „sexuelle Perversionen“ mit „besonderen Abnormitäten“ praktiziert habe. Er soll sich geäußert haben, man könne zu Geld kommen, wenn man alleinstehende, vermögende Frauen in Höhlen locke, mit ihnen sadistische Spiele treibe und sie dann töte. Außerdem würde er gerne erleben, wie eine strangulierte Frau kurz vor ihrem Tod einen „Superorgasmus“ habe.

Elmar S. wurde wegen zweier Lustmorde zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt. Er kommentierte das Urteil mit einer Schimpforgie („Scheißurteil“, „Justizblamage“). Später schrieb er seiner Freundin Helmtrud von H. aus der Strafanstalt München-Stadelheim, dass er sie heiraten werde, wenn er wieder herauskomme. Er hatte die Freundin im Jahr zuvor über eine Zeitungsannonce kennengelernt und sie finanziell ausgenommen.

Da der Verteidiger gegen das Urteil berief, kam es zu einem Revisionsverfahren. Gerichtspsychiater Hermann Witter (Universität Saarbrücken) begutachtete Elmar S. und kam zur Ansicht, dass eine „schwere seelische Abartigkeit“ und Symptome „süchtiger sexueller Entgleisung“ vorlägen. Der Begutachtete sei psychopathisch verwahrlost“ und ein „gelegentlicher Impulstäter“, dessen Aggressionen sich vorwiegend in „anal-sadistischer Destruktivität“ entladen würden. Das Revisionsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts.

Die „BILD“-Zeitung brachte über „Dr. Mord“ eine Serie; auch in der Zeitschrift „Quick“ konnte man den Kriminalfall in einer Serie nachlesen.


Ein dritter Mord. 1986 gestand Elmar S. in der Justizanstalt einen weiteren Frauenmord und beschuldigte seine damalige Geliebte Helmtrud von H. als Mittäterin. Die Frau war als Mitwisserin und Hehlerin bei den Münchner Frauenmorden zu einem Jahr bedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach dem Geständnis von Elmar S. wurde sie neuerlich verhaftet.

Elmar S. wurde nach Österreich überstellt, wo er in der Justizanstalt Stein an der Donau seine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßte. Von seiner Zelle aus versuchte er, seine vermögende Schwägerin zu erpressen. Er forderte sie mit einem Brief auf, einen höheren Geldbetrag an seine Kinder zu überweisen. Ansonsten werde er brisante Details zum Tod ihres Mannes veröffentlichen. Die Schwägerin ließ sich nicht erpressen und sandte den Brief an die Direktion der Justizanstalt Stein. Elmar S. wurde wegen versuchter Erpressung zu einer Zusatzstrafe von zweieinhalb Jahren Haft verur­teilt.


Quellen: Allen zugetan. In: Der   Spiegel, Nr. 18/1981.

Mauz, Gerhard: „Aufschrei des Zorns und der Empörung“. In: Der Spiegel, Nr. 25/1981.

Liedtke, Rüdiger: Elmar S. alias „Dr. Herzog“. Vom Heiratsschwindler zum Doppelmörder. In: ders.: Kriminal-Chronik. Die aufsehenerregendsten Fälle der letzten 30 Jahre. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1992; S. 39-45.



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