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Femizide – Presserat kritisiert Medien


In den vergangenen Jahren hat die Anzahl von Femiziden und Gewalt gegen Frauen stark zugenommen. Die Berichterstattung über diese Themen kann einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Bewusstseinsbildung leis­ten, aber es ist auch wichtig, die Würde der Opfer zu wahren und das Leid der betroffenen Frauen und ihrer Angehörigen nicht zu vergrößern.

Die Senate des Presserats haben in den letzten fünf Jahren 79 Fälle von Berichten über Femizide oder „Gewalt gegen Frauen“ bearbeitet. Dabei wurden in 29 Fällen Ethikverstöße festgestellt, von denen 14 die Veröffentlichung von unverpixelten Bildern von Mordopfern betrafen.

Beschwerden von Leserinnen und Lesern über die Wortwahl in Berichten über Femizide und Gewalt gegen Frauen sind ebenfalls häufig. Die Senate des Presserats betonen daher, dass bei der Berichterstattung Formulierungen mit großer Achtsamkeit ausgewählt werden müssen und insbesondere der Opferschutz berücksichtigt werden sollte.

Es gibt bestimmte Bezeichnungen wie „Ehe-, Beziehungs- oder Familiendrama“, „Eifersuchtsmord“ oder „erweiterter Suizid“, die das Leid der betroffenen Frauen verharmlosen können und vermieden werden sollten. Auch Formulierungen wie „Liebesdrama“ oder „schmerzliche Tren­nung(en)“ sollten vermieden werden. In einem Fall wurde die Tötung der Ex-Freundin als „fatale Liebe“ bezeichnet, was als Negativbeispiel gilt.

Medien sollten sich auch nicht einseitig auf die Perspektive des Täters oder dessen Anwalts konzentrieren und auch der Perspektive der Opfer ausreichend Raum geben. In einem Bericht über einen Mordprozess wurden beispielsweise nur die Aussage des Angeklagten und die Wahrnehmungen von Prozessbeteiligten, die den Täter entlasteten, wiedergegeben.

Es gibt auch Berichte, bei denen es zu einer Täter-Opfer-Umkehr oder zu einer fragwürdigen Entlastung des Täters kommt (Beispiele dafür: „Sie wurde ermordet, weil sie ihm die Kinder vorenthielt; weil sie zur letzten Aussprache nicht bereit war; weil sie einen neuen Freund hatte.“). In einem Fall wurde bei einer 17-Jährigen als Grund für den Femizid genannt, dass sie sich von ihrem 18-Jährigen Freund trennen wollte. Solche Entlastungen des Täters sind nicht akzeptabel und sollten vermieden werden.

Die Medien sollten mit mehr Sensibilität über Gewaltverbrechen an Frauen berichten und dabei sorgfältig reflektieren und sensible Formulierungen verwenden, fordert der Senat. Es sei auch empfehlenswert, am Ende eines Artikels auf Hilfseinrichtungen für Frauen hinzuweisen, um anderen betroffenen Frauen dabei zu helfen, sich Unterstützung zu holen.

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