top of page
  • Werner Sabitzer

Cold Case Mayerling



Oberst i. R. Helmut Reinmüller, ehemaliger Leiter der Zielfahndungseinheit im Bundeskriminalamt, hat mit den heutigen kriminalistischen Möglichkeiten den Kriminalfall Mayerling 1889 neu aufgerollt und darüber ein Buch geschrieben.

Kronprinz Rudolf, der einzige Sohn des Kaisers Franz Josef I., und seine 17-jährige Geliebte Mary Freiin von Vetsera wurden am 30. Jänner 1889 im Jagdschloss Mayerling im Wienerwald erschossen aufgefunden. Die Tragödie von Mayerling wurde vertuscht und vernebelt, eine genaue Tatortarbeit erfolgte nicht. Bis heute kursieren verschiedene Versionen über die Hintergründe der Bluttat. Die vermuteten Motive reichen von einem Unfall, einer Verzweiflungstat wegen einer Schwangerschaft Marys über Eifersuchtsmord bis hin zu einem politischen Attentat.

Während Kronprinz Rudolf bei seinen Ahnen in der Wiener Kapuzinergruft seine letzte Ruhe fand, wurde Baronesse Vetsera im Friedhof Heiligenkreuz nahe der Friedhofsmauer verscharrt und erst Monate später über Betreiben ihrer Mutter in eine Gruft umgebettet. Nach der Bluttat wurde das Jagdschloss Mayerling in ein Karmelitinnen-Kloster umgestaltet. Heute befindet sich darin auch ein Museum.

Oberst i. R. Helmut Reinmüller, ehemaliger Leiter der Zielfahndungseinheit im Bundeskriminalamt, hat 2019 ein Buch über den Diebstahl des Sarges der Thronfolger-Geliebten Mary Vetsera veröffentlicht. Der Linzer Möbelhändler Helmut Flatzelsteiner hatte im Juli 1991 mit zwei Helfern die Gruft Vetseras am Friedhof in Heiligenkreuz aufgebrochen und den Sarg samt den sterblichen Überresten der Thronfolger-Geliebten gestohlen. Flatzelsteiner war historisch interessiert und wollte das Rätsel von Mayerling lösen. Im Dezember 1992 wurden der Sarg und die Gebeine in Wien-Meidling sichergestellt und die sterblichen Überreste im Oktober 1993 wieder in der Gruft in Heiligenkreuz beigesetzt. Reinmüller war 1992 Kriminalbeamter im Sicherheitsbüro und mit den Ermittlungen im Kriminalfall Flatzelsteiner betraut.


Neue Fallanalyse. Vom „Mayerling-Fieber“ erfasst, recherchierte Helmut Reinmüller den genauen Tathergang im Jagdschloss Mayerling und arbeitete den Tod von Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera kriminalpolizeilich neu auf. Ex-Zielfahnder Reinmüller ist auch Cold-Case-Experte. Er arbeitete am Aufbau der Cold-Case-Einheit im Bundeskriminalamt mit und leitete sie für kurze Zeit.

Die Ergebnisse veröffentlichte er nun in seinem neuen Buch „Cold Case Mayerling“. Reinmüller bewertete Spuren, Dokumente, Briefe, Bilder und sons­tige Hinweise neu. Er durchforstete 18 Originalquellen, darunter die Abschiedsbriefe des Kronprinzen und seiner jungen Geliebten, Dokumente des Obersthofmarschallamtes und Niederschriften.

Er beschreibt die Biographien und Rolle von 29 Beteiligten am Drama von Mayerling, darunter die Begleiter des Kronprinzen, Josef Graf Hoyos-Sprinzenstein und Philipp Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, den Leibfiaker Josef Bratfisch und den Kammerdiener Johann Loschek sowie Polizeijuristen, Ärzte, den Schlossverwalter, den Betreiber des Telegraphen und die Prostituierte und Vertraute von Rudolf, Maria „Mizzi“ Kaspar.

Der Autor erstellte eine Chronologie der Ereignisse und beschrieb den genauen Tathergang aus der Sicht eines heutigen Ermittlers. Reinmüller konnte auch eine Reihe von Fakten korrigieren, etwa dass das im Hofmobiliendepot in Wien ausgestellte „Sterbebett“ des Kronprinzen ein anderes Bett ist.

Für Autor Reinmüller ist nach seinen Recherchen der Fall Mayerling „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ gelöst: Kronprinz Rudolf hat seinen „erweiterten Selbstmord“ vorbereitet, Mary Vetsera mit deren Einverständnis erschossen und sich mit einem Kopfschuss aus seiner Armeepistole umgebracht.



















bottom of page