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  • Rosemarie Pexa

Ladendiebe und Online-Betrüger

Laut der Sicherheitsstudie 2023 waren die meisten Handelsbetriebe bereits Opfer von Kriminellen.


Österreichische Handelsbetriebe sind Zielscheibe von Kriminellen, was den stationären Handel, aber in noch größerem Ausmaß die Web-Shops der Unternehmen betrifft. Auch Kunden, die Waren online bestellen wollen, werden Opfer von Betrügern. Die Sicherheitsstudie 2023 bietet einen Überblick über Delikte und Präventionsmaßnahmen.

Die Sicherheitsstudie 2023 wurde vom österreichischen Handelsverband in Kooperation mit dem Bundesminis­terium für Inneres, dem Bundeskriminalamt und der Initiative „Gemeinsam.Sicher“ durchgeführt. 150 Unternehmen aller Handelsbranchen, vom Ein-Personen-Unternehmen bis zum Konzern, nahmen an der Befragung, die Ende März abgeschlossen wurde, teil.


Delikte „offline“. 42 Prozent der befragten Handelsbetriebe gaben an, mit Kriminalität im stationären Handel vereinzelt Erfahrungen gemacht zu haben, weitere 40 Prozent mehrfach. Das mit Abstand häufigste Delikt ist mit 89 Prozent Ladendiebstahl. Bei den Tätern handelt es sich meist um Kunden, in einem Fünftel der Fälle um eigene Mitarbeiter. In Summe entsteht dadurch ein Schaden von rund 500 Millionen Euro pro Jahr, was fast einem Prozent des Gesamtumsatzes entspricht.

Den zweiten Platz der häufigsten Delikte belegt mit 43 Prozent die Bezahlung mit Falschgeld, dahinter folgen mit je 22 Prozent Vandalismus im Geschäft sowie organisierte Bettelei im bzw. direkt vor dem Geschäftslokal. Bandenkriminalität kommt auf 18 Prozent, alle anderen Deliktformen wie Raubüberfälle oder Bankomat-Sprengungen liegen im einstelligen Bereich.

„2022 ist die Zahl der Delikte im stationären Handel deutlich angestiegen. Vier Fünftel aller österreichischen Geschäfte waren bereits von Kriminalität betroffen, bei manchen Händlern haben sich die Fallzahlen zuletzt verdreifacht“, so Mag. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Der Schaden für die Handelsbetriebe unterschreitet meist 500 Euro pro Fall, in zwei Prozent aller Fälle übersteigt sie jedoch die Marke von einer Million Euro.


Schutzmaßnahmen. Die Bereitschaft der Handelsbetriebe zum Schutz vor Kriminalität selbst aktiv zu werden, ist hoch. Die häufigste Maßnahme stellt mit 63 Prozent die Schulung der eigenen Mitarbeiter dar. Die Installation eines Videoüberwachungssystems ist mit 59 Prozent ebenfalls weit verbreitet. Etwas über die Hälfte aller befragten Unternehmen hofft, durch das Verschließen von Betriebsräumen, Kellern, Garagen, Anliefertoren und Fenstern ungebetenen Besuchern den Zutritt verwehren zu können.

Fast die Hälfte der Handelsbetriebe setzt auf Warensicherungs- und Einbruchmeldeanlagen, knapp ein Drittel verwendet Spiegel zur Sicherung und Überwachung unübersichtlicher Ladenbereiche. 40 Prozent haben Maßnahmen getroffen, um sogenannte „Hot Products“ zu schützen. Mittels Warendaten-Analyse identifiziert man häufig gestohlene Produkte und platziert diese an besser beobachteten Stellen im Geschäft. Ein Viertel der befragten Unternehmen nutzt Cash-Management-Technologien oder eine automatisierte Bargeldverarbeitung. Nur drei Prozent sehen keine Notwendigkeit, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.


Delikte „online“. Im Zuge der Pandemie hat nicht nur der Online-Handel massiv zugenommen, sondern auch die damit in Verbindung stehende Kriminalität, betont Mag. Manuel Scherscher, stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts und Leiter der Initiative „Gemeinsam Sicher“: „Wer seine Produkte zusätzlich über das Internet anbietet, eröffnet sich neue, von Öffnungszeiten unabhängige Absatzwege. Wie immer hat allerdings auch die eCommerce-Medaille eine Kehrseite: Je mehr Web-Shops, desto mehr damit verbundene Betrugsfälle. Gerade in Krisenzeiten steigen Cyberkriminalität und Online-Betrug massiv an.“

Betrug. Bei Delikten in Zusammenhang mit eCommerce kann man zwischen Online-Betrug und Cyberkriminalität unterscheiden. „Allein 2022 waren 64 Prozent aller österreichischen Online-Händler mit Online-Betrug konfrontiert“, stellt der Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner fest. 34 Prozent der befragten Handelsbetriebe wurden im Vorjahr sogar mehrmals Opfer von Online-Betrügern, ein Prozent ist sich nicht sicher, ob es sich um Betrug handelte.

Von den Unternehmen mit über zehn Beschäftigten gaben drei Viertel an, in Verbindung mit ihrem Web-Shop bereits mit Online-Betrug in Berührung gekommen zu sein, bei den kleineren Betrieben war es etwas mehr als die Hälfte. Insgesamt betrachtet ist die Anzahl der Betrugsfälle von 2020 auf 2022 um 18 Prozent gestiegen.

Am häufigsten ist Zahlungsunfähigkeits-Betrug: 57 Prozent der Handelsbetriebe erlebten 2022, dass Kunden Waren bestellten, obwohl sie sich sicher waren, die Rechnung später nicht bezahlen zu können. 51 Prozent der Befragten berichten von Bestellungen unter Angabe der Identität einer anderen Person, die Hälfte von verfälschten Namens- bzw. Adressdaten. Das Abstreiten des Erhalts der Ware, obwohl diese mit Sicherheit korrekt ausgeliefert wurde, stellt die vierthäufigste Online-Betrugsform dar. Bei dieser ist von 2021 auf 2022 ein besonders starker Anstieg zu verzeichnen.

Einen Rückgang weist der Betrug mit Retouren auf. Bei mit Lieferung oder Retouren verbundenem Betrug fällt auf, dass große Unternehmen wesentlich häufiger betroffen sind. 59 Prozent der Handelsbetriebe mit mehr als zehn Beschäftigten hat diesbezüglich schlechte Erfahrungen gemacht, bei Händlern mit weniger als zehn Beschäftigten sind es 16 Prozent.


Schadenssummen. Die Schadenssumme durch Online-Betrug hat sich in den letzten Jahren erhöht. Lag sie 2020 nur in in 45 Prozent aller Fälle über 500 Euro, wurde dieser Betrag 2022 bereits in 82 Prozent der Fälle überschritten, in 22 Prozent mit einer Schadenssumme zwischen 5.000 und 10.000 Euro erheblich. Der Anteil der Fälle mit einem Schaden zwischen 100.000 und einer Million Euro ist von zwei auf drei Prozent angewachsen, in weiteren drei Prozent der Betrugsfälle wurde sogar die Millionenmarke geknackt.

Auch hier zeigt sich, dass größere Unternehmen stärker betroffen sind. Bei Handelsbetrieben mit mehr als zehn Beschäftigten machte der Schaden 2022 in knapp einem Drittel der Fälle zwischen 5.000 und 10.000 Euro aus, in 27 Prozent der Fälle zwischen 10.000 und 100.000 Euro. Kleinere Betriebe mussten in je 30 Prozent der Fälle einen Schaden unter 500 Euro bzw. zwischen 500 und 10.000 Euro verbuchen.


Prävention. Vor allem Handelsbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern sehen sich daher nicht als potentielle Betrugsopfer. Knapp die Hälfte von ihnen gab an, keine Maßnahmen zur Prävention von Online-Betrug zu ergreifen. Für den Großteil der befragten Unternehmen gilt das laut Robert Spevak, Sicherheitsexperte des Handelsverbands, jedoch nicht: „Um das Betrugsrisiko zu reduzieren, kombinieren Web-Shops meist verschiedenste Schutzmaßnahmen und verzichten dafür auch auf potentielle Mehrumsätze. So setzen 61 Prozent der Online-Händler auf sichere Zahlungsmethoden und 42 Prozent auf eingeschränkte Lieferoptionen wie ausschließliche Inlandslieferungen.“

Falls es trotzdem zu einem Betrugsfall kommen sollte, beabsichtigen 67 Prozent der Befragten, Anzeige zu erstatten – neun Prozent weniger als im Jahr davor. Ein Fünftel zieht eine Anzeige wegen zu geringer Erfolgsaussichten nicht in Erwägung. Die Anzeigebereitschaft hängt von der erwarteten Servicequalität ab. Gewünscht wird, jederzeit Anzeige erstatten und an einem einzigen Termin alles erledigen zu können. Auch laufende Updates zu den Ermittlungsergebnissen und eine rasche Ausfolgung der gestohlenen Waren nach deren Sicherstellung durch die Polizei werden genannt.


Cybercrime. Der Blick auf die häufigsten Formen von Cybercrime im österreichischen Handel ergibt ein klares Bild: 61 Prozent aller Handelsbetriebe waren bereits Opfer von Phishing. Jedes zweite Unternehmen hat Erfahrungen mit Malware gemacht. Weitere häufig genannte Formen von Cyberkriminalität sind Cyber-Erpressung, Ransomware und DdoS-Angriffe.


Konsumenten. Neben der Unternehmensseite wurde für die Sicherheitsstudie 2023 auch die Konsumentenperspektive betrachtet. Ein Drittel der heimischen Kunden hat negative Erfahrungen mit Schadsoftware wie Viren oder Trojanern gemacht. 20 Prozent waren schon von Datendiebstahl durch Hacker-Angriffe und Phishing betroffen, weitere 18 Prozent waren Opfer von Betrug bei Online-Transaktionen, jeder Zehnte hat Bekanntschaft mit digitaler Erpressung gemacht. Die Fallzahlen sind bei Formen der Cyberkriminalität teils deutlich angestiegen.

Will betont, dass für den Einkauf in Web-Shops Sicherheit mittlerweile zu den wichtigsten Kriterien zählt und Schutzmaßnahmen für viele zum Alltag gehören: „Drei Viertel der Österreicher versuchen, sich mit Virenschutzprogrammen vor Cyberangriffen zu schützen. 55 Prozent setzen auf regelmäßige Software-Updates und fast zwei Drittel haben eine Firewall implementiert.“ Auch die Verschlüsselung von Daten und E-Mails sowie die Einschränkung von Zugriffsrechten durch Dritte sind weit verbreitet.

Auf das aktuell hohe Risiko weist Scherscher hin: „In Krisenzeiten werden die Sorgen und Ängste der Menschen durch die Täter schamlos ausgenutzt, um Profit zu lukrieren. Als Beispiel seien hier Fake-Onlineangebote von Brennmaterial wie Pellets erwähnt, die kurz nach dem Beginn der Energiekrise aufgetaucht sind. Grundsätzlich kann man gerade im Bereich des Warenbetrugs sagen: Ist ein Angebot 'zu gut, um wahr zu sein', sollte man höchst vorsichtig sein.“














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