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  • Rosemarie Pexa

Gleichbehandlung im BMI

Eine unabhängige Arbeitsgruppe befasst sich mit Frauenförderung und Maßnahmen gegen Diskriminierung. Häufigster Grund für Beschwerden ist die politische Einflussnahme bei Postenbesetzungen.


Seit 1. März 1993 ist es amtlich: Laut dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz dürfen Bedienstete im Bereich des Bundes nicht aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung diskriminiert werden. Nach 30 Jahren zieht Generalmajor Michael Holzer, BA MA MA MBA, Leiter des Zentrums für Grundausbildung und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, für das BMI eine positive Bilanz: Die jeweils für zwei Jahre vorgegebenen Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils wurden bisher immer erreicht, das Bewusstsein zum Thema Diskriminierung am Arbeitsplatz steigt stetig.


Sylvia Mayer: „Mit einem Gutachten hat man das schwarz auf weiß.“

Dass es allerdings ein langwieriger Prozess ist, Vorbehalte gegenüber Antidiskriminierungs-Maßnahmen und diesbezügliche Wissenslücken abzubauen, erlebte der gebürtige Steirer, der 2005 den Dienst bei der Polizei antrat, selbst. „In der E2a-Ausbildung habe ich einen 'verunglückten' Vortrag über Gleichbehandlung gehört: Frauen dürfen alles und Männer gar nichts“, erinnert sich Holzer. Er studierte damals berufsbegleitend Jus, wollte mehr über das Gleichbehandlungsgesetz erfahren und inskribierte daher Frauenrecht. Dieses Thema begleitete ihn während seines Studiums auch weiterhin, bis er 2017 das Masterstudium „Gender Studies“ an der Universität Wien abschloss.

Zu diesem Zeitpunkt war er bereits zwei Jahre lang im Referat I/2/c Gleichbehandlungsangelegenheiten und Verwaltungsreform tätig, anschließend in der Zentralstelle für Organisationskultur und Gleichbehandlung, dann in deren Nachfolgeorganisation, dem Referat I/B/7/b Personalentwicklung, Unternehmenskultur und Gleichbehandlung des BMI. Das Referat ist für die administrativen Belange der Gleichbehandlung zuständig, z. B. für Veranstaltungen im Rahmen der Gleichbehandlung oder für die Organisation der Kinderbetreuung für Bedienstete im Bereich des BMI. Bis vor Kurzem übte Holzer eine Doppelfunktion – im Referat I/B/7/b und als Leiter der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen – aus.

Stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe ist Ing. Mag. Dr. Sylvia Mayer, MA, Informatikerin, Juristin und ebenfalls „gelernte Polizistin“. „Ich war schon immer in männerdominierten Bereichen aktiv, habe eine HTL besucht und spiele seit über 20 Jahren Fußball“, so Mayer. Das Selbstbewusstsein von Frauen zu stärken und sie zu fördern ist ihr ein besonderes Anliegen, daher nahm sie das Angebot, neben ihrer Tätigkeit im BMI in der Arbeitsgruppe mitzuwirken, sofort an. Ihre Schwerpunkte sind die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Förderung von Frauen in Führungsfunktionen.


Weisungsfrei. Die Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen ist für Frauenförderung zuständig und befasst sich mit der Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie von Personen verschiedenen Alters, unterschiedlicher sexueller Orientierung, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung. Sie zeichnet sich durch Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit aus. „Die Arbeitsgruppe hat eine informelle Macht. Wir sitzen in allen Begutachtungskommissionen, sind bei Planstellenbesetzungen eingebunden und können Stellung nehmen. Wenn wir Einwände haben, wird über diese diskutiert“, sagt Holzer.

Der Arbeitsgruppe gehören zwölf Gleichbehandlungsbeauftragte als Mitglieder an, die als Ansprechpersonen bei allen Arten der Diskriminierung inklusive sexueller Belästigung fungieren. Bei der Bestellung der Mitglieder durch das BMI auf Vorschlag der Arbeitsgruppe wird auf Diversität geachtet, daher sind Frauen und Männer, Jüngere und Ältere, in der Verwaltung und (mehrheitlich) in der Exekutive Beschäftigte vertreten. Auf regionaler Ebene kann man sich bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und bei Fragen der Frauenförderung an die Kontaktfrauen wenden. Diese – insgesamt rund 80 – sind in den Dienststellen, von den Landespolizeidirektionen bis zu einzelnen Polizeiinspektionen, angesiedelt.

Michael Holzer: „Wenn wir Einwände haben, wird über diese diskutiert.“

Planstellen-Besetzung. Das häufigste Problem, das an die Mitglieder der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen herangetragen wird, ist die vermutete Diskriminierung bei der Besetzung einer Planstelle. „Bei den Diskriminierungsgründen steht die Weltanschauung an erster Stelle, gefolgt von Alter und Geschlecht“, erklärt Holzer. Unter „Weltanschauung“ fällt insbesondere die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder einer Gewerkschaftsfraktion.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe zeigen auf, welche Möglichkeiten von Diskriminierung Betroffene haben und mit welchen Konsequenzen sie rechnen müssen. Die Optionen reichen von einem Mediationsgespräch bis zur Beschwerde bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission. Es hängt vom Wunsch der Ratsuchenden ab, ob und in welcher Form Gleichbehandlungsbeauftragte Maßnahmen setzen. Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen ausschließlich mit Zustimmung der Betroffenen tätig werden. Manche Personen, die sich ungerecht behandelt fühlen, wollen von der Bundes-Gleichbehandlungskommission nur die Bestätigung, dass es sich tatsächlich um Diskriminierung handelt.

„Für viele Bedienstete ist es wichtig, feststellen zu lassen, dass sie für eine Planstelle besser geeignet wären, die an jemand anderen vergeben worden ist. Mit einem Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission hat man das schwarz auf weiß“, erklärt Mayer. Das Gutachten dient aber nicht nur zur persönlichen Bestätigung, sondern kann auch einen finanziellen Ausgleich bringen. Es besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Schadenersatz in der Höhe der Gehaltsdifferenz zur vergebenen Planstelle und auf einen Ersatz für die erlittene Beeinträchtigung zu stellen.

Es gibt aber auch Fälle, in denen Holzer oder andere Mitglieder der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen keine Diskriminierung erkennen können, betont er: „Wir vertreten nicht die Beschwerdeführenden. Zur Beurteilung werden ausschließlich objektive Kriterien herangezogen, so sind wir auch manchmal anderer Ansicht als die Beschwerdeführenden.“


Sexuelle Belästigung ist ebenfalls eine Form der Diskriminierung. Manche Äußerungen oder Handlungen lassen sich zweifelsfrei als unzulässiger Übergriff identifizieren, etwa im folgenden von Holzer geschilderten Beispiel: „Eine eindeutige SMS wie 'Komm zu mir ins Bett!' ist ein Fall für die Dienstbehörde. Wer eine derartige Nachricht erhält, sollte zum Beweis einen Screenshot machen. Die Dienstbehörde wird alles tun, um das Opfer zu schützen, etwa den Täter vorübergehend in eine andere Dienststelle versetzen, bis die Erhebungen abgeschlossen sind.“ Der Täter muss mit einem Disziplinarverfahren rechnen.

Nicht immer ist sexuelle Belästigung klar als solche zu erkennen. „Manchen Menschen fehlt das Gefühl dafür, was angemessen ist“, so Mayer. Ein typisches Beispiel sind „taxierende Blicke“, die vom Täter oft als völlig normal, vom Opfer aber als übergriffig empfunden werden und schwer nachzuweisen sind. „Bei einem Vortrag zum Thema Diskriminierung hat uns eine Kollegin erzählt, es ist ihr unangenehm, dass sie ein Kollege immer anstarrt und seine Blicke bewusst auf bestimmte Körperstellen richtet“, berichtet Mayer. Oft bleibt es nicht bei anzüglichen Blicken, häufig kommen Kommentare über die körperlichen Merkmale des Opfers dazu.

In einem derartigen Fall schlägt Mayer mehrere Handlungsoptionen vor. Die Betroffene kann das Gespräch mit dem Kollegen suchen und ihm sagen, dass sie die Art, wie er sie ansieht und belästigt, stört. Fühlt sich die betroffene Frau sicherer, wenn bei dieser Unterredung eine Vertrauensperson anwesend ist, besteht die Möglichkeit, dass sie sich von einem Kollegen, einer Kollegin oder einem Mitglied der Arbeitsgruppe begleiten lässt. Will das Opfer die persönliche Konfrontation mit dem Täter vermeiden, führt Mayer oder jemand anderer aus der Arbeitsgruppe das Gespräch allein.


Schulungen. Eine Aufgabe von Schulungen ist es, das Bewusstsein dafür zu schaffen, was alles unter Diskriminierung fällt. In einem weiteren Schritt wird aufgezeigt, wie sich Betroffene, Zeuginnen oder Zeugen von diskriminierenden Handlungen verhalten sollen. Gleichbehandlung steht in allen Grundausbildungen auf dem Stundenplan, zusätzlich gibt es zwei Online-Schulungsmodule zum Thema sexuelle Belästigung: eines für Führungskräfte und ein weiteres, das sich an sämtliche Bediensteten richtet.

In den Schulungen wird auch erläutert, wie man dazu beitragen kann, ein „diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld“ laut Frauenförderungsplan des BMI zu schaffen. „In der A1- und der E2a-Ausbildung sagen wir: Wenn Besprechungen regelmäßig um 18 Uhr am Abend stattfinden, ist das nicht mit Betreuungspflichten vereinbar. Termine sollten zu Zeiten angesetzt werden, zu denen auch Eltern mit kleinen Kindern teilnehmen können“, bringt Mayer ein Beispiel. Das Verbot, Kalender oder Bildschirmschoner mit Nacktaufnahmen in den Büroräumlichkeiten zu verwenden ist ebenfalls ein Beitrag dazu, das Arbeitsumfeld diskriminierungsfrei zu gestalten.


Werbung. Bilder spielen auch in der Werbung – im konkreten Fall im Rahmen von Rekrutierungskampagnen für die Polizei – eine zentrale Rolle. Dabei reicht es nicht, dass neben männlichen Polizisten auch weibliche auf den Fotos zu finden sind, es kommt auch auf die Positionierung und die Größe der Abgebildeten an. In Videos muss darauf geachtet werden, Polizis­tinnen nicht nur in untergeordneten Rollen darzustellen, erläutert Holzer. Zeigt etwa ein Film eine Amtshandlung, wirkt die dabei sprechende Person dominanter.

Eines der Vorzeigeprojekte der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen sind Vernetzungstreffen für Frauen in der Dienstzeit, die sogenannten Modena-Treffen. „Aufgrund der Betreuungspflichten können Frauen oft nicht nach dem Dienst netzwerken. Das klingt nach einem Stereotyp, ist aber leider oftmals immer noch die Realität. Die Netzwerktreffen finden daher am Vormittag statt. Es nehmen immer rund hundert Frauen teil, von der Gruppenleiterin bis zur A4-Kraft“, erklärt Holzer. Mit den Treffen werde ein wesentlicher Beitrag zur Chancengleichheit geleistet, denn ein gutes Netzwerk sei ein wichtiger Faktor für den beruflichen Aufstieg.











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